Bauingenieurwesen auf der NordBau

HSU

24. August 2022

Erstmals stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der noch jungen Fächergruppe Bauingenieurwesen Teile ihrer Forschung auf einer Messe vor: Die beiden Professuren für Wasserbau und für Geotechnik präsentieren sich vom 7. bis 11. September 2022 auf dem Messegelände der Holstenhallen Neumünster auf der Messe NordBau.

Wasserstrudel hinter einer Glaswand
Modell eines nicht-linearen Überfalls in der Strömungsrinne im Laboratorium für Wasserbau

Univ.-Prof. Dr.Ing. habil. Mario Oertel, Professur für Wasserbau, forscht unter anderem über nicht-lineare Wehre. Das sind Wasserbauwerke in Fließgewässern, über die das Wasser aus dem angestauten Oberlauf in den Unterlauf abfließen kann. Die zurzeit meistens linear verlaufende Kante, über die das angestaute Wasser abfließt, bezeichnen Fachleute als „Überfall“. Anhand von 3-D gedruckten, skalierten Modellen demonstriert Oertel mit seinem Team auf der NordBau, dass über Wehre, deren Überfall nicht linear, sondern zum Beispiel gefaltet verläuft, in der gleichen Zeit mehr Wasser ablaufen kann als bei herkömmlichen Wehren. Diese Eigenschaft eines Wehrs kann vor allem bei schnell ansteigenden Wasserständen nach starken Regenfällen von besonderer Bedeutung sein, um Überschwemmungen zu vermeiden. Nicht-lineare Wehre sind außerdem wegen ihrer starren Bauwerksform weniger wartungsintensiv als zum Beispiel Wehre mit bewegten Klappen und installierten Hydraulik-Komponenten.

Am neu errichteten Forschungsstandort der HSU-Bauingenieurinnen und HSU-Bauingenieure in Glinde stehen den Forschenden im Wasserbau unter anderem eine 20 Meter lange Strömungsrinne mit einem Querschnitt von einem Quadratmeter, neueste Messtechnik, ein autonom fahrendes Messboot zur Tiefen- und Geschwindigkeitsmessung sowie ein großformatiger 3D-Drucker mit einem Bauraum von einem Kubikmeter zur Verfügung. Mittels 3D Druck lassen sich experimentelle Versuchseinbauten herstellen, darunter auch die Modelle für nicht-lineare Wehre, die in der Strömungsrinne getestet werden.

Ein Schneebeli-Gerät
Schneebeli-Gerät im Laboratorium für Geotechnik zur Untersuchung und Visualisierung von Bruchfugen im Baugrund

Univ.-Prof. Dr.Ing. habil. Sascha Henke, Professur für Geotechnik, zeigt auf der NordBau einen Modellversuchstand zur Simulation des Baus von Schlitzwänden und eine Sandrieselanlage als Komponente eines einzigartigen Großversuchsstands, der am Forschungsstandort Glinde entsteht. Schlitzwände sind Betonwänden, für deren Guss keine Schalung gebaut wird. Stattdessen wird ein schmaler tiefer Graben – ein Schlitz – gegraben oder gefräst. Damit dieser nicht einstürzt, muss er mit einer speziellen Flüssigkeit, einer sogenannten „Bentonit-Suspension“, gefüllt sein, bis der Bewehrungsstahl eingebracht ist und vom Grund her der Beton eingefüllt wird. Dabei muss der Beton die Bentonit-Suspension vollständig verdrängen. Wie das möglichst gut gelingt, ist ein Forschungsgebiet von Henke. Ein anderes ist die Messung und Bewertung von Schwingungen und Erschütterungen. Unter anderem für dieses Gebiet wird die Sandrieselanlage in Kombination mit dem geplanten Großversuchsstand eingesetzt: Sie ermöglicht es, in einem sechs Kubikmeter großen Probenraum reale Bodenprofile nachzubauen, an denen zum Beispiel das Verhalten von Pfählen getestet werden kann, bevor sie am echten Standort eingesetzt werden.

Forschung und Lehre im Bauingenieurwesen gibt es seit 2018 an der HSU. Die Studierenden sind neben Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr auch Angehörige anderer Bundeseinrichtungen, unter anderem der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, der DB Netz AG und der Autobahn GmbH. In der Forschung decken die Bauingenieurinnen und Bauingenieure der HSU das gesamte Spektrum des Bauingenieurwesens ab, wobei am Forschungsstandort in Glinde auf besonders gute sachliche, personelle und labortechnische Ressourcen zurückgriffen werden kann.