Wie gut erkennen Führungskräfte Frühwarnsignale von Depressionen und Burnout bei ihren Mitarbeitenden?

HSU

30. November 2022

Sarah Pischel, Jörg Felfe und Annika Krick (Professur für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie) haben untersucht, wovon das Erkennen von Frühwarnsignalen bei Mitarbeitenden abhängt. Der Artikel „Health-oriented leadership: Antecedents of leaders’ awareness regarding warning signals of emerging depression and burnout“ ist gerade im German Journal of Human Resource Management erschienen.

Stress am Arbeitsplatz und psychische Erkrankungen wie Depressionen und Burnout haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Vor Beginn einer psychischen Erkrankung zeigen sich meist erste Frühwarnsignale, beispielsweise Veränderungen in Stimmung, Sozialverhalten oder Leistung. Führungskräften kommt bei der Früherkennung solcher Signale eine entscheidende Bedeutung zu. Sie verbringen nicht nur viel Zeit mit ihren Mitarbeitenden, sondern haben auch viele positive Einflussmöglichkeiten auf die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden. Das Konzept der gesundheitsförderlichen Führung (Health-oriented Leadership) betont daher, wie wichtig es ist, bewusst auf Frühwarnsignale zu achten (Staff Care Awareness). Denn die Wahrnehmung solcher Signale ist eine wichtige Voraussetzung für entsprechendes gesundheitsförderliches Handeln, zum Beispiel durch Prioritätensetzung oder Unterstützung und anderes mehr (Staff Care Behavior).

Die Forscherinnen und Forscher konnten zeigen, dass Führungskräfte Frühwarnsignale bei ihren Mitarbeitenden schlechter erkennen, wenn sie selber gestresst und unter Druck sind. Zudem fanden sie, dass Frühwarnsignale besser erkannt werden, wenn Mitarbeitende nicht nur Stimmungsverschlechterungen, sozialen Rückzug oder Leistungseinbußen zeigen, sondern die Frühwarnsignale in mehreren Bereichen auftreten. Immerhin erkannten dann 50 Prozent der Führungskräfte die Signale als Zeichen einer Überlastung. Wenn Mitarbeitende nur Veränderungen im Leistungsbereich zeigen, beispielsweise, weil sie versuchen, im Bereich Stimmung und Sozialverhalten eine „Fassade“ aufrechtzuerhalten, besteht am ehesten das Risiko, dass Führungskräfte Frühwarnsignale übersehen oder fehlinterpretieren, zum Beispiel als mangelnde Motivation anstatt psychischer Beanspruchung. In diesem Fall erkannten nur rund 7 Prozent der Führungskräfte Zeichen einer Überlastung. Führungskräfte sollten sich daher dieser Risiken bewusst sein. Darüber hinaus konnten die Forscherinnen und Forscher zeigen, dass Führungskräfte, die über mehr Autonomie verfügen, besser in der Lage sind, Frühwarnsignale zu erkennen.

Originalpublikation

Pischel, S., Felfe, J., & Krick, A. (2022). Health-oriented leadership: Antecedents of leaders’ awareness regarding warning signals of emerging depression and burnout. German Journal of Human Resource Management, 239700222211307. https://doi.org/10.1177/23970022221130754