Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über die Planungen für den Fall eines andauernden Shutdowns

HSU

2. April 2020

Die Universität hat die Vorbereitungen für das am Montag beginnende Frühjahrstrimester fortgesetzt. Gleichzeitig gib es Planungen für den Fall, dass der Shutdown länger andauert. Perspektiven für die nähere Zukunft erst nach Ostern erwartet.


Die Videobotschaft des Präsidenten vom 02.04.2020 im Volltext

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Studentinnen und Studenten,
liebe Kameradinnen und Kameraden,

das Wichtigste vorweg: Seit meiner letzten Videobotschaft haben wir einen weiteren bestätigten COVOD-19-Fall unter den Universitätsmitgliedern.  Von den drei zuerst Erkrankten, die sich im Hanseatenbereich befanden, konnten jedoch zwei heute morgen aus der Isolation entlassen werden. Eine Person verbleibt in Quarantäne im Hanseatenbereich, zwei – darunter die zuletzt erkrankte Person – in häuslicher Quarantäne. Allen Erkrankten geht es den Umständen entsprechend gut. Ich hoffe auf einen milden Verlauf und wünsche Ihnen alles Gute und schnelle Genesung.

Gestatten Sie mir bitte eine persönliche Anmerkung: Wir haben die Universität am 13. März, also vor mittlerweile drei Wochen, geschlossen und alle Universitätsangehörigen in die häusliche Separation geschickt. Die Inkubationszeit bei COVID-19 beträgt im Median fünf bis sechs, längstens jedoch 14 Tage. Ziehen Sie bitte ihre eigenen Schlüsse daraus.

Tun Sie aber auf jeden Fall folgendes: Bitte nehmen Sie weiterhin die amtlichen Warnungen und behördlichen Auflagen sehr, sehr ernst. Bleiben Sie zu Hause! Flatten the curve! Bitte vermeiden Sie weiterhin alle persönlichen Kontakte und berücksichtigen Sie auch weiterhin die grundlegenden persönlichen Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges und gründliches Händewaschen, Hustenhygiene etc.

Es gibt noch immer keine belastbaren Erkenntnisse über die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen.  Da die Inkubationszeit mitunter auch mal 14 Tage betragen kann, dann erst getestet wird,  die Auswertung der Proben derzeit 48 bis 72  Stunden dauert, benötigt man Zeit für die Bewertung der getroffenen Maßnahmen. Vorerst wurde, wie Sie wissen, seitens des Bundes und der Länder die Kontaktsperre über das Osterwochenende hinaus verlängert.

Ich rechne indessen unverändert damit, das wir in der nächsten Woche klarer sehen werden. Aus diesem Grund halte ich daran fest, Entscheidungen, die über den Monat Mai hinausgehen, auch frühestens in der kommenden Woche zu treffen.

Morgen endet die von der Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Nord verfügte Sperrung des Campus. Freilich würden die von der Freien und Hansestadt Hamburg verordneten Auflagen – Kontaktverbot etc. – nach unserer rechtlichen Bewertung die Durchführung von Lehrveranstaltungen vorerst bis zum 30. April 2020 nicht erlauben.

Wir könnten theoretisch ab Montag Klausuren in Anwesenheit nach Art der geplanten, sehr umstrittenen Abiturprüfungen durchführen. Ich habe mich jedoch dagegen entschieden, diesen Plan zu verfolgen. Denn ich halte es in der derzeitigen Stufe der Pandemie für absolut nicht angezeigt, Menschen, die in der gesamten Republik verstreut sind, wieder auf dem Campus zusammen zu führen. Eine solche Maßnahme passte auch weder zu unserer ursprünglichen Entscheidung, die Universität bis zum 14. April zu schließen, noch zur Absicht der Bundesregierung.

Daher werden die Klausurtermine erst festgesetzt, sobald wir wissen, wann das Kontaktverbot aufgehoben wird. Und selbstverständlich werden wir die Prüfungstermine mit dem gebotenen Vorlauf nach der APO von mindestens 14 Tagen ankündigen.

Die öffentlichen Hochschulen in Hamburg und die hier zuständige Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung haben sich darauf geeinigt, den Start des Sommersemesters auf den 20. April zu verschieben. Ob es dabei bleibt und ob dies bedeutet, dass auch der Präsenzbetrieb dort wieder anläuft, vermag ich nicht zu sagen. Ich persönlich glaube allerdings nicht, dass dies der Fall sein wird. Aber wir stehen im Austausch mit der Landeshochschulkonferenz, wo die Hochschulpräsident*innen über diese Dinge mit der Behörde beraten. Rechtlich bindend sind diese Vorgaben für unseren Trimesterbetrieb nicht.

Die Frage nach der Zulässigkeit von Online-Prüfungen unterfällt aber durchaus der Fachaufsicht der Hamburger Wissenschaftsbehörde. Und diese erlaubt derzeit nicht die Durchführung von Online-Klausuren. Ich hatte bereits im letzten Video thematisiert, dass wir Klausuren nur in Präsenzform anbieten können. Ich habe die Dekane der Fakultäten gebeten, wo immer die Prüfungsordnungen das erlauben, auf alternative Prüfungsformen auszuweichen. Das ist jedoch Angelegenheit der Prüfungsausschüsse und der Fakultäten.

Gestern hat der Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz, Prof. Dr. André Alt, im Interview mit dem Handelsblatt eine Verschiebung des Sommersemesters nach hinten gefordert und an die Wissenschaftsminister der Länder appelliert, sich mit den Hochschulen abgestimmt auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen und das Sommersemester koordiniert zu verschieben. Vorausgesetzt, dass der Shutdown rechtzeitig endet, soll eine möglichst komplette Vorlesungszeit beginnen, die später als üblich endet. Das Wintersemester würde dann ebenfalls etwas zeitversetzt, beispielsweise ab 1. oder 15. November beginnen. So könnte man im Sommersemester 2021 wieder in den Normalmodus zurückehren.

Ich bekenne, dass auch ich eine komplette Verschiebung um, sagen wir mal, ein Quartal, für die eleganteste Lösung halte. Der Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz lässt sich aber aus zwei Gründen auf uns nicht anwenden:

Erstens haben wir keine zweite vorlesungsfreie Zeit im Winter, die man zu Gunsten des Lehrbetriebs verkürzen könnte.

Und zweitens sind wir in das Gefüge des Ausbildungsbetriebs der Bundeswehr eingebunden. Studierende, die später ihr Studium abschließen, kommen später an den militärischen Ausbildungseinrichtungen und den Offizierschulen an und schließlich auch später in der Truppe. Und sofern die Lehrgänge laufbahnrelevant sind, kann dies möglicherweise auch Auswirkungen auf Karriereschritte haben.

Wir planen also im Augenblick noch so, dass wir gemeinsam versuchen, diese Risiken zu minimieren und den Studierenden einen Abschluss in der Regelstudienzeit zu ermöglichen. Zunächst einmal also: Zum Master, möglichst alle, in 47 Monaten.

Das erfordert vor allem, so schnell wie möglich mit Online-Angeboten zu beginnen, um Zeit zu sparen. „Was Du dem Augenblicke ausgeschlagen, bringt keine Ewigkeit zurück“ (Schiller). Wenn wir zuwarten, wird die Zeit „nach hinten raus“ immer knapper, und die Herausforderungen für Sie, liebe Studierenden, durch die immer engere Taktung der Prüfungen immer schwerer. Das ist der Grundgedanke, auf dessen Grundlage die Fakultäten und Studiengänge derzeit planen, den wir in der kommenden Woche dem Akademischen Senat unterbreiten und den ich meiner letzten Videobotschaft kommuniziert habe.

Plan A setzt das Mitwirken und den guten Willen aller voraus.

Den der Professorinnen und Professoren, denen ich keine Vorschriften machen kann, wie sie ihre akademische Lehre inhaltlich gestalten, welche Prüfungsanforderungen sie stellen, und denen ich auch die Lehrform nicht vorschreiben kann. Jedoch bleibt uns momentan keine andere Option als die Online-Lehre.

Besonders wichtig ist die Kommunikation. Mir werden zahlreiche Detailfragen gestellt, die auf der Ebene einzelner Studiengänge, ja einzelner Module beantwortet werden müssten. Liebe Kolleginnen und Kollegen: Informieren Sie bitte aktiv Ihre Studierenden! Und liebe Studierende: Nehmen Sie aktiv Kontakt zu Ihren Betreuer*innen auf!

Und Plan A setzt den guten Willen der Studierenden voraus, unter den erschwerten Bedingungen so gut wie möglich und so schnell wie möglich im Studium vorwärts zu kommen. Die Frage etwa nach der dienstlich bereitgestellten IT-Ausstattung, um an Online-Kursen teilnehmen zu können, weil man nicht angewiesen werden könne, den privaten Computer für dienstliche Zwecke zu nutzen, halte ich in der jetzigen Situation für völlig deplatziert. Auch im Präsenzbetrieb schreibt doch wohl kaum jemand seine Seminararbeiten im PC-Pool der Fakultät oder auf einem Bibliotheksrechner.

Selbstverständlich denken wir auch über einen „Plan B“ nach.

Was ist, wenn wir erst sehr spät (Mitte Juni) mit den Prüfungen beginnen können? Was ist mit unserer Einbettung in den Ausbildungsbetrieb der Bundeswehr?

Denn der bundesweite Shutdown hat noch weitere Konsequenzen für den Universitätsbetrieb. Er kann bedeuten, dass die Studienanfänger des Jahrgangs 2020 ohne gültiges Sprachleistungsprofil an die Uni kommen. Ihnen fehlen dann acht Leistungspunkte, also umgerechnet ein Workload von 240 Arbeitsstunden. Es kann auch sein, dass die Studienanfänger dann das für die ingenieurwissenschaftlichen Fächer erforderliche Vorpraktikum nicht besitzen. Ihnen fehlen damit weitere Leistungspunkte. Und, last but not least, kommen sie ohne abgeschlossene IGF-Leistungen hier an, die dann ebenfalls nach Studienbeginn zu absolvieren sind. Je länger der Shutdown dauert, wird auch das immer mehr zur „Mission Impossible“.

Und schließlich ist es tatsächlich so, dass beim Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr derzeit keine Auswahlverfahren stattfinden. Je länger der Shutdown dauert, umso weniger kann der Bedarf der Truppe bei Personaleinstellungen in diesem Jahr gedeckt werden. Direkt auswirken wird sich das für die Universität zwar erst im kommenden Jahr. Gleichwohl wächst mit jedem Tag, den der Shutdown andauert, die Wahrscheinlichkeit, dass sich alles, auch unser Studienbetrieb, um einen bestimmten Zeitraum X verschiebt – temporär oder sogar dauerhaft. Deswegen muss man über einen Plan B nachdenken.

Die Entscheidung dafür, aber das sagte ich bereits im Video der vergangenen Woche, liegt oberhalb der Ebene der Universität. Vor Ostern ist nach meiner Überzeugung nicht mit einer Vorgabe der Bundesregierung zu rechnen. Aus diesem Grunde nichts zu tun, geht weder für Beamt*innen noch für Soldat*innen an. Und darum wird jetzt zunächst der Plan A exekutiert. Zumal immer noch eine realistische Chance besteht, dass er gelingen kann.

Wir gehen momentan nicht davon aus, dass die Sperren im internationalen Reiseverkehr bis zum Sommer wesentlich gelockert werden. Aus diesem Grund wird es in diesem Jahr keine Auslandspraktika und keine Sprachkurse im Ausland geben. Studierende, die ein freiwilliges Praktikum machen möchten oder ein Pflichtpraktikum ablegen müssen, sind daher gehalten, sich um eine Stelle im Inland bemühen. So leid es mir tut – das schafft Ihnen immerhin Planungssicherheit. Über die internationalen Austauschprogramme denken wir derzeit noch nach.

Für 250 Studierende beginnt die kommende Woche mit dem Bereitschaftsdienst für die Schnellen Unterstützungskräfte (SUK). Aus epidemiologischen Gründen greifen wir dabei vor allem auf diejenigen Kamerad*innen zurück, die derzeit auf dem Campus sind. Ich muss gestehen, dass ich aus Gründen der Gleichbehandlung im Hauptauftrag Studium nicht sehr glücklich mit dieser Auflage bin.

Wir wurden allerdings für den Zeitraum vom 06.04. bis zum 20.04. nicht davon entbunden. Also heißt es: „Ufftrach ist Ufftrach!“ Und daher haben wir die Lagezelle so umgegliedert, dass die Führung der SUK direkt von dort erfolgen kann. Dort kümmert man sich um Logistik und Transport der Kameradinnen und Kameraden. Wir werden dafür sorgen, dass die Betroffenen für die Dauer der 14-tägigen Bereitschaft an jedem möglichen Einsatzort in Norddeutschland versorgt werden können. Ich hoffe, dass es dazu nicht kommt und die unsere acht SUK-Züge nicht eingesetzt werden müssen.

Für alle Studierenden, die zivilen ebenso wie die militärischen, gilt:

Am Montag, dem 6. April, beginnt das Frühjahrstrimester. Sie müssen sich bis heute Abend im CMS zu ihren Kursen anmelden. Und zwar unabhängig davon, ob es Pflicht- oder Wahlveranstaltungen sind. Denn andernfalls haben die Dozentinnen und Dozenten keine Möglichkeit, mit Ihnen in Verbindung zu treten. Und im Augenblick geht es um Kommunikation und Zeitgewinn.

Ich schließe einmal mit guten Nachrichten. Zunächst danke ich Ihnen allen für die Hilfsbereitschaft und das Engagement, das Sie in den letzten Wochen bewiesen haben. Auch unsere Forschungseinrichtungen sind hier zu nennen: Im OpenLab werden unsere Ressourcen zum 3D-Druck dazu genutzt, Masken und Visiere zu produzieren. Dafür haben wir die nötigen Haushaltsmittel sofort bereitgestellt. Und an der Professur für Verfahrenstechnik, insbesondere Stofftrennung, wurde Schutzausrüstung des Bundeswehrkrankenhauses autoklaviert, um deren Wiederverwendung zu ermöglich. So trägt auch die wissenschaftliche Expertise unserer Universität zum Kampf gegen SARS-CoV-2 bei.

Bleiben Sie zu Hause, sofern Sie das können. Und bleiben Sie gesund.

Ihr
Klaus Beckmann

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