Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann zur weiteren Entwicklung der Pandemie

HSU

26. November 2021

In seiner heutigen Videobotschaft spricht Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über die Maßnahmen zur Absicherung der Prüfungsphase des Herbsttrimesters, die Fortsetzung der Impfkampagne mit Grund- und Auffrischungsimmunisierung (Booster) an der HSU und Ausblick auf das Winter- und Frühjahrstrimester 2022.

Die Videobotschaft vom 26.11.2021 im Volltext

Liebe Universitätsbürgerinnen und Universitätsbürger,
Kommilitoninnen und Kommilitonen.

Sieben Universitätsmitglieder sind derzeit an COVID-19 erkrankt. Bei einem warten wir auf das Ergebnis der Differentialdiagnostischen Abklärung. Ein Universitätsmitglied befinden sich in Isolation auf dem Campus, sieben in häuslicher Isolation. 104 haben die Krankheit offiziell überstanden. Allen, die derzeit mit SARS-CoV-19 infiziert sind, wünsche ich einen milden Verlauf, und allen Betroffenen eine vollständige Genesung.

Meine Damen und Herren, dass sich die Corona-Lage derzeit in den deutschsprachigen Ländern rasant verschärft, ist ein Gemeinplatz. Obwohl die verfügbaren Impfungen recht gut vor einem schweren Verlauf und einer Hospitalisierung schützen, dämmen sie die Weitergabe des Virus durch Geimpfte im Zeitablauf immer weniger ein. Zudem haben wir in Deutschland immer noch eine sehr große Zahl ungeimpfter Personen.

Der Ausweg kann hier nur im Impfen bestehen. Das heißt, in einem zügigen Angebot von Booster-Impfungen an alle Grundimmunisierten. Und in einer Wahrnehmung des bestehenden Impfangebots durch die Ungeimpften. Zu beidem wird unsere Universität im Rahmen ihrer Möglichkeiten beitragen.

Als Ökonom weiß ich, dass es am Markt zwei Seiten gibt: Angebot und Nachfrage. Impfangebote gibt es reichlich, auch wenn derzeit lange Wartezeiten die Impfungen “draußen” prägen und sich selbst bei uns gelegentlich Sankt Bürokratius erhebt. Das Sanitätsversorgungszentrum Hamburg-Mitte und unsere Uni arbeiten seit jeher Hand in Hand, um solche Schwierigkeiten zu überwinden. Herr Flottillenarzt Kortland, ich danke Ihnen und Ihrem Team wieder einmal dafür, dass Sie an unserer Seite sind.

Das beste Angebot hilft aber nicht ohne Nachfrage. Daher geht mein Appell an die Ungeimpften: Fassen Sie sich ein Herz und machen Sie mit!

Denn was ist die offenkundige Alternative zum Impfen? Der Lockdown. Und worüber wird in der Politik schon wieder gesprochen? Über einen Lockdown.

Als alter Cineast fühle ich mich da an den Murmeltiertag erinnert: Jeden Herbst wachen wir auf und finden uns in derselben Lage, jeden Herbst “fahren wir das öffentliche Leben hinunter”. Für uns an den deutschen Universitäten geht es dabei um den Wesenskern akademischer Lehre und der Gemeinschaft auf dem Campus. Es geht schlicht und ergreifend um unseren Kernauftrag. In der Pandemie haben die Hochschulen bislang eine nachgeordnete Rolle gespielt, noch weit hinter der Kultur und der Gastronomie. Bei der letzten Tagung der Hochschulrektorenkonferenz war der Unmut über diese Lage und über die Prioritäten deutlich zu spüren. Macht einfach digital weiter, hieß es. Und es hat Zoom gemacht. Das haben wir dann auch mit einer gewaltigen Kraftanstrengung der Lehrenden und der Lernenden geschafft, wobei viele — zu viele! — auf der Strecke geblieben sind.

Zu Beginn des Trimesters haben wir endlich wieder Präsenz erleben dürfen, haben feststellen können, um wie viel besser Seminare, Übungen und Labore in Präsenz sind, und dass man auch den Wert des Campuslebens und seiner militärischen Schwester, der Kameradschaft, gar nicht hoch genug schätzen kann. Für die Universitäten der Bundeswehr, deren Studierende auf dem Campus wohnen, die Intensivstudiengänge anbieten und eine feste Höchststudiendauer aufweisen, war diese Erleichterung noch weitaus wichtiger als für die anderen Hochschulen.
Und jetzt angesichts “der Zahlen”? Zurück in den Lockdown?

Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen, es muss probatere Antworten geben. Gesellschaftlich zum einen, zum anderen auch für unsere Universität, also für meinen Verantwortungsbereich. Gemeinsam mit dem Covid-Board und der erweiterten Hochschulleitung ringe ich seit fast zwei Jahren um solche Antworten. Dabei haben wir neben unserem Gewissen die gesetzlichen Regulierungen sowie die Weisungen aus dem Bundesmionisterium der Verteidigung zu berücksichtigen.

Unsere Ideen laufen bislang auf das Schwerpunktprinzip hinaus: Wir identifizieren das, was unverzichtbar ist, und opfern gegebenenfalls den Rest für den Gesundheitsschutz. Dabei leitet uns der Auftrag der Universität einerseits und unsere Vorstellung vom Wesen einer Universität andererseits.

Offenheit und Diskussionskultur gehören zu den unverzichtbaren Wesensmerkmalen einer Universität. Daher ermuntere ich Sie, alle Universitätsangehörige, ausdrücklich, sich einzubringen. Eben nicht nur, indem Sie sich impfen lassen, sondern auch, indem Sie Ihre Ideen einbringen.

Am Schluss dieses Teils zu den Prinzipien des Krisenmanagements muss ich noch ein paar Worte als Verfassungsökonom sagen. Niklas Luhmann hat darauf hingewiesen, dass funktionierende Systeme zur Stabilität neigen. Ein ständiges Panta Rhei (“alles fließt”) ist gerade nicht Kennzeichen des Erfolgs, sondern im Gegenteil einer organisationellen Dysfunktionalität. Als Menschen wollen wir alle stabile Erwartungen bilden können, und in einer Krise mit erheblichen Strukturbrüchen muss es einen Anker geben.

Für uns an der Universität heißt das konkret: Wir müssen auch im Orkan von Covid-19 einen “rocher de bronze” — einen ehernen Fels — etablieren. Bitte erwarten Sie daher nicht, dass wir unsere Policy an den tagesaktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts ausrichten werden. Und aus diesem Grunde werden wir auch im Sturm bestimmte Grundsätze nicht ohne weiteres aufgeben.

Meine Absicht lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Helmut-Schmidt-Universität

  • konzentriert sich auf ihren Kernauftrag in Lehre und Forschung,
  • führt die Prüfungsphase im Herbsttrimester 2021 durch, hier liegt der Schwerpunkt,
  • bereitet für das Wintertrimester ein umfangreiches Angebot von Präsenzveranstaltungen vor, insbesondere von Seminaren und Übungen, mit Priorität bei den Studierendenjahrgängen 2020 und 2021,
  • ermöglicht das “Leben auf dem Campus” (Sport, Geselligkeit und gemeinsames Lernen) unter weitgehender Trennung der Wohnebenen,
  • stellt Führung, Ausbildung und Erziehung der Studierenden Offiziere und Offizieranwärterinnen und -anwärter sicher,
  • schließt ihren Campus für externe Nutzung und
  • gewährleistet den maximalen Gesundheits- und Infektionsschutz, der mit den oben genannten Zielen vereinbar ist.

Es kommt mir darauf an, auch unter verschärften pandemischen Bedingungen einen Kernbestand von Präsenzveranstaltungen zu sichern. Dazu zählen zum einen diejenigen Prüfungen, die sich nicht durch kontaktlose Formen substituieren lassen, und zum anderen diejenigen Seminare, Kolloquien, Übungen, Tutorien und Labore, bei denen eine digitale Darbietung mit erheblichen Qualitätseinbußen verbunden wäre. Zugleich soll die Führung, Ausbildung und Erziehung unserer militärischen Studierenden gewährleistet und der Fortbestand unseres Universitätscampus ermöglicht werden.

Maßnahmen: Was bleibt gleich?

Zunächst das Wichtigste: Der Lehr- und Prüfungsplan für das Herbsttrimester 2021 einschließlich der Präsenz, soweit sie vorgesehen ist, ändern sich nicht. Und auch an den bestehenden Planungsvorgaben für das Wintertrimester 2022 einschließlich des Ziels, hier umfangreich Präsenzveranstaltungen anzubieten (die Präsenz sollte der Standard für Seminare, Übungen und Labore sein), halten wir weiterhin fest. Ich werde gemeinsam mit der Studierendenvertretung eine Stellungnahme des Akademischen Senats anstoßen.

Die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske oder zumindest einer OP-Maske in Gebäuden und Lehrveranstaltungen hat uneingeschränkt Bestand, soweit Sie nicht in Büros oder allein in Ihrer Studierendenunterkunft sind. Auf dem Campus gilt unverändert die 3G-Regelung, und die Wohnebenen bleiben nach Dienst grundsätzlich getrennt. Thomas Hobbes schieb einmal “a covenant without the sword is just vain breath”, und so können Sie unverändert stichpunktartige Kontrolle erwarten. Die Lehrenden bitte ich nachdrücklich darum, die Maskenpflicht in ihren Veranstaltungen durchzusetzen.

Wohnebenen-übergreifende studentische Lerngruppen bleiben unter den allgemeinen Hygieneauflagen zugelassen.

Für das Stammpersonal bleiben die Regelung für das Mobile Arbeiten und für die Arbeitszeiterfassung bis auf weiteres erhalten. Und zunächst bis 31.12.2021 finden grundsätzlich keine Dienstreisen und externen Veranstaltungen statt. Ausnahmen können genehmigt werden für Laufbahnlehrgänge, Ausbildung für den Dienstposten, für zur Erfüllung des Kernauftrags zwingend erforderliche Reisen. Die Entscheidung wird im Einzelfall auf der Ebene der Universitätsleitung getroffen.

Maßnahmen: Was ändert sich?

  1. Ich habe den Leiter des Studierendenbereiches gebeten, für die soldatischen Studierenden die Aufenthaltspflicht am Dienstort auszusetzen. Dies wird vom 11.12.2021 bis 23.12.2021 sowie vom 10.01.2022 bis 16.01.2022 gelten. Um gar keine Zweifel aufkommen zu lassen: Dies ist keine Home Office-Regelung! Denn sie berührt nicht die Verpflichtung zur Teilnahme an auf dem Campus in Präsenz stattfindenden akademischen Veranstaltungen — sei es Lehre, seien es Prüfungen — sowie an militärischen Ausbildungsvorhaben. Das Ziel dieser Maßnahme ist die Sicherstellung der Prüfungsphase zum Herbsttrimester 2021 und ein flexibler Einstieg in die Lehre des Wintertrimesters 2022 bei derzeit noch ungewisser Entwicklung der Pandemielage.
  2. Die Lehrenden bitte ich angesichts dieser Entwicklung, sich darauf einzustellen, dass wir gegebenenfalls kurzfristig im Wintertrimester auf die digitale Darbietung von Vorlesungen umstellen müssen. Seminare und Übungen sollten dann gleichwohl weiter in Präsenz angeboten werden. Sofern wir also entgegen unserer bisherigen Planung die Vorlesungen “zoomen”, können die Seminare in den größeren Hörsälen stattfinden.
  3. Wir schließen den Campus für alle Externen mit Ausnahme von angemeldeten Personen, die für den Kernauftrag erforderlich sind. Dazu gehören Vortragende, Lehrbeauftragte, Projektpartner und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Vertragsfirmen. Die Bibliotheksnutzung wird ab dem 06.12. nur noch für Universitätsangehörige möglich sein. Angehörige der Bundeswehr dürfen im dienstlichen Auftrag den Campus betreten.
  4. Bei den „Personal Heroes“ müssen wir den Spielraum reduzieren: Ab 29.11.2021 kann jeder Studierende den nominierten „Personal Hero“ nicht mehr wechseln. Das gilt einstweilen bis zum 31.12.
  5. Seit Donnerstag müssen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sämtliche Personen, die auf den Campus wollen, neben dem Dienstausweis oder dem Ausweis für Mitarbeitende an der Wache einen Nachweis über vollständigen Impfschutz, eine Genesung von Covid-19 oder ein Zertifikat über einen aktuellen negativen Test vorlegen. Eine Testung auf dem Universitätscampus bleibt dabei möglich.
  6. An Samstagen und Sonntagen behält ein Test vom vorangegangenen Freitag seine Gültigkeit. Dadurch wird auf dem Campus wohnenden Studierenden, die noch nicht geimpft sind, die Rückkehr ermöglicht, auch wenn unser Testzentrum geschlossen ist.

Nun noch eine Nachricht, auf die viele von Ihnen schon gewartet haben: Wir werden am 2. Dezember bereits unsere Impfkampagne fortsetzen. Das heißt, nicht nur diejenigen unter Ihnen, die bislang noch keine Impfung erhalten haben, können schließlich hier die dringend erforderliche Covid-Schutzimpfung erhalten. Für Soldatinnen und Soldaten ist die Duldungspflicht vor wenigen Tagen vom Bundesministerium der Verteidigung verfügt worden.

Unsere Planungen waren darauf ausgerichtet, am 2. Dezember mit dem Boosten zu beginnen. Durch die gestrige Änderung bei der Duldungspflicht sind wir kurzfristig gezwungen, die Planungen neu anzusetzen. Wir schaffen nun zunächst die Voraussetzungen für die Erstimpfungen. Das heißt, wir ordnen die Kapazitäten, um zunächst mit den duldungspflichtigen Impfungen zu beginnen, und danach folgen die Boosterimpfungen für das militärische Personal der Impftage vor dem 02.06.2021.

Der restlichen Impfslots stellen wir dann voraussichtlich ab Montag Abend zur Boosterimpfung des Zivilpersonals zu Verfügung. Wir werden dazu am 30.11. im Mensagebäude über der ehemaligen Caféteria ein Impfzentrum einrichten.

Wir boosten vom Prinzip in der Priorisierung, die auch bei der Erstimpfung zur Anwendung kam. Die ersten Universitätsmitglieder können also damit rechnen, kurzfristig vom Lagezentrum zur Terminbuchung aufgefordert zu werden. Wir setzen das Impfen dann im Dezember und Januar fort, und ich gehe momentan davon aus, dass wir es schaffen werden, bis Februar alle Erst-, Zweit- und Drittimpfungen abschließen zu können.

Wir haben die Testkapazitäten des Testzentrums erhöht, die Pressestelle hat Sie alle Anfang der Woche darüber per Bulletin informiert. Jedem von Ihnen, auch den Geimpften, stehen pro Woche zwei kostenlose Tests zu. Bitte machen Sie davon Gebrauch – zu Ihrem und unser allem Schutz. Auch geimpfte Menschen können das Virus übertragen, und dies ist umso tückischer, weil Geimpfte oft keine Symptome haben. Also bitte lassen Sie sich testen.

Erinnern Sie sich, dass ich eingangs vom “ehernen Fels” und von der Stabilisierung von Erwartungen sprach? Für mich ist das ein Mantra: Bemühe Dich um stabile Rahmenbedingungen. Der Inhalt dieser Videobotschaft und die zugehörigen Bulletins gelten als Ergänzung zur bewährten Weisung Nr. 9. Ich gehe davon aus, dass die Eckdaten aus dieser Botschaft auch Eingang in die Weisung Nr. 10 finden werden, die wir für den 01.01.2022 vorbereiten. Damit werden wir die Weisung Nr. 9 in modifizierter Form fortsetzen.

Das trägt dazu bei, die ständigen Änderungen an den Regeln abzumildern.

So gilt es immer wieder, bereits genehmigte Dienstreisen zurückzuholen, die Planerinnen und Hörsaaldienste kämpfen um Klarheit bei Veranstaltungs- und Raumplanung. Die Vorgaben bezüglich Homeoffice, Anwesenheit und Zeiterfassung für das Zivilpersonal müssen häufig geändert werden. Dahinter steht die Absicht, jedes Quäntchen Spielraum zur Realisierung unserer Ziele auszunutzen (wenn das Virus in Frühling und Sommer schwächelt), und daher sind solche Änderungen teilweise unverzichtbar. Ich weiß aber, dass sie uns mürbe machen, daher ergreife ich die Gelegenheit, Ihnen allen — Verwaltung, Fakultäten, Studierendenbereich — für Ihre bisherigen Leistungen und für Ihr Durchhaltevermögen zu danken.

Die Saisonalität des SARS-CoV-19-Virus und der Fortschritt unserer Impfkampagne lassen mich erwarten, dass wir im Frühjahrstrimester 2022 selbst dann Vollpräsenz werden realisieren können, wenn wir im Wintertrimester 2022 aufgrund der getrübten Aussichten darauf schweren Herzens verzichten müssen.

Trotz der nun erforderlichen erneuten Einschränkungen wünsche ich Ihnen eine besinnliche Adventszeit. Ehrlich gesagt könnte es sein, dass Besinnung die einzige zulässige Aktivität ist, die uns verbleibt.

Und bleiben Sie bitte gesund.