Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über die Auswirkungen des zweiten bundesweiten Lockdowns an der HSU

HSU

16. Dezember 2020

In seiner heutigen Videobotschaft spricht Universitätspräsident Prof. Dr. Klaus Beckmann über die Fortführung der aktuellen Prüfungsphase unter den Bedingungen des zweiten bundesweiten Lockdowns, Schutzmaßnahmen an der Helmut-Schmidt-Universität, Kameradschaft in Zeiten der COVID-19-Pandemie und die rein digitale Fortsetzung der Lehre bis 18. Januar 2021.

Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,

wie wir vor zwei Videobotschaften festgestellt haben, schließt diese Anrede auch die Kolleg*innen und die Kamerad*innen an dieser Universität ein. Zur Erinnerung: Wir kämpfen gemeinsam um unsere Sache, und einige von uns sind Mit-Soldat*innen. Beides wird durch die Bedeutung von „con-miles“ erfasst.

Wenn nicht noch Unvorhergesehenes passiert, ist das meine letzte Videobotschaft in diesem Jahr. Was für ein „annus horibilis“ war das, um beim Latein zu bleiben. Ein wirklich schreckliches Jahr, und ich habe in der Presse auch schon die Bezeichnung „verlorenes Jahr“ gelesen.

Wir Kommiliton*innen an der HSU/UniBw H sind gemeinsam von der Pandemie betroffen, nicht zuletzt deswegen, weil unser gemeinsames Ziel, unser gemeinsamer Auftrag dadurch beeinträchtigt wird. Den Studierenden, die isoliert auf den Wohnebenen oder bei der Familie ausharren und sich jetzt in der Klausurenphase befinden, will ich sagen: Glauben Sie nicht, dass Sie die einzigen Universitätsangehörigen wären, denen dieses schreckliche Jahr ordentlich zugesetzt hat.

Wir dürfen uns aber nicht zermürben lassen, wie das die WELT unlängst von großen Teilen der deutschen Gesellschaft behauptete. Lassen Sie mich daher in dieser Videobotschaft noch einmal über unseren gemeinsamen Ansatz sprechen.

Doch das Wichtigste vorab: Wir haben derzeit lediglich drei Universitätsmitglieder, die an COVID-19 erkrankt sind. Ich wünsche Ihnen dreien gute Besserung und einen milden Verlauf.

Eine Person wartet auf das Ergebnis ihrer differentialdiagnostischen Abklärung, sieben Studierende befinden sich in häuslicher Separation, drei auf dem Campus im Isolationsgebäude.

50 Universitätsmitglieder gelten offiziell als genesen.

Nun zur allgemeinen Lage: Die Ministerpräsident*innen der Länder haben in ihrer Konferenz am 13. Dezember den erneuten Lockdown – eigentlich ist es nur ein Shutdown, denn es wird ja niemand eingesperrt – von weiten Teilen des öffentlichen Lebens ab heute beschlossen. Eine wichtige Maßnahme, denn von 22.020 Intensivbetten in Deutschland sind laut DIVI Register des Robert Koch Instituts derzeit nur 5.086 frei. In einigen Regionen Deutschlands liegen wir bei Restkapazitäten von 15 Prozent. Tendenz sinkend, denn der Lockdown wirkt laut Deutscher Krankenhausgesellschaft erst mit einer Verzögerung von zwei Wochen.

Jetzt zu uns:  Dieselbe Misere trifft uns nun bereits zumzweiten Mal. So in etwa fühlt es sich an, wenn ich heute erneut über die Konsequenzen eines bundesweiten Lockdowns für unsere Universität sprechen muss. Und vielen von Ihnen geht es mit diesem déjà vu bestimmt ähnlich. Außerdem ruft der Beschluss über einen zweiten Lockdown Verunsicherung hervor, was all das für die verbleibende Prüfungsphase und Ihren weiteren Studienverlauf bedeutet.

Einfach gewendet: Wir werden die Prüfungen wie geplant bis zum 23. Dezember 2020 zu Ende führen.

Danach werden wir zum 04.01. mit digitaler Lehre beginnen. Derzeit ist geplant, ab dem 18.01. wieder in kleinem Umfang Präsenzlehre anzubieten, priorisiert für diejenigen Formate – z.B. Labore – und für diejenigen Gruppen – z.B. Zweittrimester und Prüfungswiederholer*innen –, bei denen Präsenzlehre essentiell ist.

Mit diesem Plan, dessen Eckdaten wir mit der Weisung Nr. 6 schon vor Wochen gefasst haben, sind wir „vor der Kurve“. Denn ich glaube nicht, dass der bundesweite „Lockdown“ wie angekündigt am 10.01. enden wird. Vielleicht werden auch wir noch die eine oder andere Kalenderwoche zugeben müssen.

Warum bleibt es beim Prüfungsplan? Ich habe das Bundesministerium der Verteidigung bereits in der vergangenen Woche darüber informiert, dass eine erneute Verschiebung von Prüfungen ohne eine Verlängerung der Studienzeit über die 47-monatige Regelstudienzeit hinaus nach meiner Bewertung nicht realisierbar ist. Die Absage der Prüfungstermine würde die Verlängerung des Studiums um mindestens ein Trimester erforderlich machen und hätte weitreichende Auswirkungen, nicht nur für den gesamten weiteren militärischen Ausbildungsgang unserer Studierenden, sondern wegen der längerfristigen Auslastung der Studienkapazitäten auch für alle Folgejahrgänge.

Eines möchte ich festhalten: Gegenüber den Landesuniversitäten trifft die die Corona-Pandemie die Universitäten der Bundeswehr wegen ihres Studiensystems mit besonderer Härte:

Erstens haben wir nur eine, nicht zwei vorlesungsfreie Zeiten im Studienjahr, die wir als Puffer für verschobene Prüfungen nutzen könnten. Wir haben das im Frühjahr einmal tun müssen, und das hat die Studierenden über die Maßen hinaus belastet. Ein weiteres Mal ist dies nach meiner Überzeugung für die derzeitigen Studierenden nicht möglich.

Zweitens ist unsere Regelstudienzeit auch gleich der maximalen Studiendauer. Wir haben also auch keinen Puffer „nach hinten.“

Drittens ist die Campusuniversität, in der die Mehrzahl der Studierenden auf engem Raum lebt, an den Wochenenden zu Orten in der ganzen Republik pendelt, um sich dann unter der Woche in großen Gemeinschaftsräumen zu Lehrveranstaltungen zu treffen, für eine Massenerkrankung besonders vulnerabel.

Lassen Sie mich betonen: Dieses Zusammenleben ist ja gerade eine unserer besonderen Stärken. Wir können mittelfristig nicht darauf verzichten. Kontaktreduzierung und Maskentragen treffen eine Universität der Bundeswehr ins soziale Mark.

Gleichwohl gebietet gerade die Kameradschaft, dass wir uns unter den gegenwärtigen Bedingungen alle an die Regeln halten und rücksichtsvoll agieren. Ja, auch in der Gemeinschaftsküche, ja, auch in der Klausur.

Wir sind den genannten Herausforderungen mit einem Hygienekonzept begegnet, das unverändert trägt. Halten sich alle daran, dann sind wir nach Auffassung der beteiligten Experten – darunter Mediziner und Arbeitsschützer – bestmöglich vor Ansteckung geschützt.

Nur einige Hinweise dazu: Wir haben für die laufende Klausurenphasedie Raumkapazitäten nochmals um 20 Prozent reduziert, die Prüfungen finden in kleineren Gruppen als ursprünglich unter Corona-Bedingungen geplant statt, es wurden Ein- und Ausgänge markiert, Desinfektionsmittelspender aufgestellt, die Oberflächen in den Prüfungsräumen mit einer antiviralen Beschichtung versiegelt, die Sitzplätze auf einen mehr als den Vorschriften entsprechenden Abstand arrangiert und Raumlüfter mit Hepafiltern installiert.

Nach den Prüfungen verlassen die Studierenden den Campus wieder so schnell es geht. Wir werden auf diese Weise zu keiner Zeit mehr als 700 Personen auf dem Campus sein, auf dem sich ansonsten regelmäßig 3.500 Menschen aufhalten.

Unter Abwägung all dieser Umstände habe ich daher entschieden, dass wir die Prüfungsphase des Herbsttrimesters wie geplant realisieren.

Denn es gibt keine rechtliche Handhabe dafür, die Prüfungen abzusagen. Keine Instanz, weder der Bund noch das Land, widersprechen dem zurzeit. Auch an den allgemeinbildenden Schulen der FHH gibt es trotz allem eine Präsenzpflicht für Prüfungen. An der UniBw M wird weiter geprüft, an der HSBA in Hamburg auch.

Die Landesuniversitäten dagegen haben vor dem Februar keine Prüfungen. Das erleichtert der UHH Ihre Absage an Präsenzprüfungen vom gestrigen Tage doch erheblich.

Im Übrigen haben die Studierenden einen Rechtsanspruch darauf, dass die Universität ihnen zeitnah Prüfungen anbietet. Und die Studierendenvertreter haben sich mir gegenüber bei unserem Gespräch am letzten Freitag klar für eine Durchführung der Prüfungen ausgesprochen.

Der bereits in der letzten Videobotschaft erwähnte § 54 a des Infektionsschutzgesetzes regelt die Eigenvollzugskompetenz der Dienststellen der Bundeswehr. Diese Ausnahmeregelung soll die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in Zeiten einer Pandemie sicherstellen.

Kritiker haben mir vorgeworfen, dass unsere Universität ja nicht entscheidend für die Einsatzbereitschaft der Truppe sei. Ich erlaube mir, hier eine deutlich andere Meinung zu haben. Ihr Studium soll unter anderem die Urteilsfähigkeit der militärischen Führer sicherstellen. Und wann, wenn denn nicht in einer solchen globalen Notlage, wäre diese Urteilsfähigkeit von entscheidender Bedeutung? Im Übrigen ist die Ausbildung im Grundbetrieb aufgrund der langfristigen Auswirkungen einer Einschränkung derzeit sogar wichtiger als andere Aufgaben. Kräfte der HSU/UniBw H sind daher weniger verzichtbar als die eines typischen Panzergrenadierbataillons.

Freilich würden wir im Krieg das Studium herunterfahren. Aber Corona ist nicht Krieg, auch wenn es sich für manche in der Gesellschaft so anfühlen mag.

Unter Abwägung aller Umstände sehe ich derzeit keine Veranlassung, unsere Weisung Nr. 6 zu ändern. Sie bleibt „vor der Kurve“ und passt auch zu der Situation nach dem bundesweiten Lockdown.

Sie müssen sich die Weisung Nr. 6 bitte im Covid-Portal auf ILIAS ansehen. Die Einhaltung und Durchsetzung des Konzepts ist die Aufgabe aller darin Genannten, also insbesondere Ihre persönliche. Masken auf! Abstand halten! Handhygiene! Das bleiben die Gebote der Stunde, auch und gerade in unseren Klausuren.

Unser Stammpersonal befindet sich ab sofort bis zum 18.01. im sogenannten „Mobile Office“ oder im Urlaub. Ausnahme sind lediglich diejenigen Personen, deren Präsenz auf dem Campus für die Führungsfähigkeit und die Funktionsfähigkeit der Universität unerlässlich ist. Wer das ist, bestimmen die jeweiligen Vorgesetzten. Das Dezernat IV hat gestern eine abgestimmte Regelung zu Arbeitszeit und Zeiterfassung bekannt gegeben, welche die Details regelt.

Lassen Sie mich nun zum Schluss kommen: Ich bin überzeugt, dass die Entscheidung, sämtliche Klausuren vor Weihnachten durchzuführen, die Lehre ab dem 4. Januar 2021 ausschließlich digital fortzusetzen und frühestens ab dem 18. Januar wieder Präsenzanteile anzubieten, uns gut auf den zunächst bis in den Januar befristeten „Lockdown“ vorbereitet hat. Für Studierenden wie Lehrende soll die „Präsenzpause“ dann auch ein Stück weit Entlastung bringen.

Ich wünsche den Studierenden für die verbleibenden Prüfungen viel Erfolg. Allen meinen „con-milites“ – gleich welchen Status und welchen Ranges –wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen „guten Rutsch“.

Und vor allem: bleiben Sie gesund.

Vielen Dank.