Tradition lebt wieder auf

HSU

1. Juli 2025

Feldgottesdienst im Hanseatenbereich der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

Hamburg. Im Hanseatenbereich der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg versammelten sich Geschichtsstudierende und ihre Professoren zu einem besonderen Abend. Nach vielen Jahren fand wieder das Grillfest der Historikerinnen und Historiker statt – diesmal mit einem spirituellen Auftakt.

Militärseelsorger Pater Henrich eröffnete die Feier mit einem Feldgottesdienst unter freiem Himmel, dort, wo die Studierenden leben, lernen und sich austauschen. „Genau dahin gehört für mich auch der Glaube: nicht ins Abseits, sondern mitten ins Leben“, begrüßte er die Gäste.

Ein besonderer Moment im Kalender

Der Gottesdienst fiel bewusst in die Zeit der Sommersonnenwende, wenn die Tage am längsten sind. Pater Henrich knüpfte an das Hochfest Johannes des Täufers an, das am 24. Juni gefeiert wird – sechs Monate vor Weihnachten. „Im französischen Volksmund spricht man sogar vom ‚Noël d’été‘, vom ‚Sommerweihnachten'“, erklärte er den Zusammenhang zwischen Licht und Botschaft. Die liturgische Tradition dieses Datums reicht bis ins 4. Jahrhundert zurück und macht es zu einem der ältesten Heiligenfeste überhaupt. Ein bedeutsames Zeichen seiner Rolle als Wegbereiter ist, dass Johannes neben Maria der einzige Heilige ist, dessen Geburt gefeiert wird.

Der Habit als lebendige Geschichte

Nach dem Eingangslied bot Pater Henrich einen sehr individuellen Moment: Er zog während des Gottesdienstes seinen Dominikanerhabit an und erklärte dabei die über 800-jährige Geschichte des Ordens. Der charakteristische weiße Habit mit dem schwarzen Radmantel machte die Tradition der Predigerbrüder für die Anwesenden greifbar. Durch diese symbolische Handlung baute er die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart und verdeutlichte den Geschichtswissenschaftlern die lange Verbindung zwischen spiritueller Gelehrsamkeit und wissenschaftlicher Arbeit.

Johannes als Grenzfigur

In seiner Predigt zeichnete Pater Henrich das Bild eines Johannes, der historisch gut dokumentiert ist – nicht nur in der Bibel, sondern auch beim jüdisch-römischen Historiker Flavius Josephus. „Er war eine Scharnierfigur zwischen der jüdischen prophetischen Tradition und der christlichen Botschaft“, beschrieb er den Täufer als „ambivalent, komplex, in der öffentlichen Wahrnehmung umstritten – aber voller Kraft“.

Johannes war kein Mitläufer, sondern einer, der den Mut hatte, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Seine politische Kritik an Herodes Antipas kostete ihn schließlich das Leben. „Er hatte keine Macht, aber eine Stimme. Und diese Stimme hat gewirkt“, betonte Militärseelsorger Henrich.

Zwischen Tradition und Moderne

Der Gottesdienst verband geschickt historisches Bewusstsein mit aktueller Relevanz. Die Fürbitten griffen verschiedene Themen auf – von Verantwortungsträgern in Politik und Militär bis hin zu Menschen, die sich als Minderheit fühlen. „Für unsere Welt, in der viele Zeichen auf Unfrieden, Spaltung und Angst stehen: Führe uns zu Gerechtigkeit und Frieden“, lautete eine der Bitten.

Nach dem Gottesdienst versammelten sich alle zum Grillabend im Hanseatenbereich. Das Wiedererstarken dieser Tradition nach mehrjähriger Pause zeigt, wie sich bewährte Formate neu beleben lassen – als lebendiger Dialog zwischen Wissenschaft, Geschichte und Glaube, mitten im Alltag der Studierenden.

Feldgottesdienst im Hanseatenbereich der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
Pater Henrich in seinem Dominikanerhabit zur ‚Sommerweihnacht‘
Am 24. Juni wird das Hochfest Johannes des Täufers gefeiert – sechs Monate vor Weihnachten.
Die Fürbitten griffen verschiedene Themen auf

Doreen Bierdel

Prof. Dr. Ulrich Horst OP – Zur Geschichte des Dominikanerordens