02.05.2022 – Das Ende der westlichen Präsenz in Afghanistan (Tagung am HIS)

HSU

8. August 2022

Das Ende der westlichen Präsenz in Afghanistan: Von der Diagnose des Scheiterns zu den daraus zu ziehenden Konsequenzen

Organisation: Prof. Dr. Wolfgang Knöbl (HIS) / Prof. Dr. Teresa Koloma Beck (HSU)

Gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)

Der schnelle und für die breite Öffentlichkeit überraschende Zusammenbruch der afghanischen Republik unmittelbar nach Ende der westlichen Truppenpräsenz und die rasche Machtübernahme der Taliban im Spätsommer 2021 haben zuletzt in Deutschland heftige politische Diskussionen ausgelöst. Im Zentrum standen nicht nur mögliche Handlungsoptionen in der eigetretenen Krisensituation, sondern auch sehr grundsätzliche Fragen nach den Prämissen des Einsatzes, nach seiner Bilanz sowie nach der Legitimität und Effektivität humanitärer Interventionspolitik überhaupt. Ähnlich wie in anderen aktuellen Krisenszenarien zeigte sich dabei einmal mehr die Distanz zwischen Politik und Forschung. Während bei verantwortlichen Politikerinnen und Politikern die Überforderung mit der eingetretenen Situation kaum zu übersehen war, mussten Forschende in den Area Studies, der Sozialanthropologie, der Politikwissenschaft oder der Soziologie zur Kenntnis nehmen, wie sich vor ihren Augen Entwicklungen entfalteten, auf deren Gefahren sie seit Jahren immer wieder hingewiesen hatten. In der politischen und öffentlichen Debatte scheint Klarheit allein darüber zu bestehen, dass nicht wenige der Prämissen, unter denen die militärische Intervention in Afghanistan stattgefunden hat, falsch und die zivilen Stabilisierungsmaßnahmen dort entweder unzureichend oder verfehlt waren. Welche konkreten Annahmen sich als falsch herausstellten, welche konkreten Maßnahmen ins Leere liefen, ist hingegen in der breiten Öffentlichkeit bislang kaum erörtert worden. Dies gilt im übrigen auch für die Frage nach dem Verhältnis der Entwicklungen in Afghanistan zu Herausforderungen in anderen außen- und sicherheitspolitischen Bereichen.

Forschungsfelder wie die Friedens- und Konfliktforschung, die Militärsoziologie oder auch die entsprechenden Area-Studies können zur öffentlichen Aufarbeitung des Afghanistan- Einsatzes in entscheidender Weise beitragen, blieben bislang jedoch — sieht man von einigen medialen Auftritten einzelner Experten ab — eher im Hintergrund. Auch sind diese unterschiedlichen Forschungszweige bislang nur teilweise untereinander vernetzt. Eine Intensivierung der Kommunikation zwischen den verschiedenen Disziplinen erscheint jedoch gerade mit Blick auf Wissenschaftskommunikation und Politikberatung sinnvoll, wenn man ähnlich desaströse Szenarien wie das nun in Afghanistan eingetretene in Zukunft vermeiden will.

Zum Tagungsprogramm: https://www.his-online.de/nc/veranstaltungen/veranstaltung-einzelansicht/news/das-ende-der-westlichen-praesenz-in-afghanistan/