AM Analytics

AM Analytics: Automatisierte In-situ-Defekterkennung in der pulverbettbasierten Additiven Fertigung

Der hochkomplexe und nur innerhalb schmaler Prozessfenster stabil ablaufende Laser Powder Bed Fusion (L-PBF) Prozess weist aktuell unzureichend sensorisch erfasste Instabilitäten auf. Diese Instabilitäten sind für die Bildung von Bauteildefekten ursächlich und bestimmen maßgeblich die resultierende Bauteilqualität.

Die Bauteilqualität kann bislang nur nachgelagert zum L-PBF Prozess destruktiv an Begleitproben zur Ermittlung der mechanischen Eigenschaften oder nicht-destruktiv per μCT-Scans als hochauflösende Möglichkeit zur dreidimensionalen Integritätsprüfung der Bauteile realisiert werden. Beide Verfahren sind mit einem zusätzlichen Schritt in der Prozesskette verbunden, sind limitiert in ihrer Aussagkraft (z.B. μCT-Scans nicht anwendbar für hochfeste Legierungen) und verursachen verfahrensbedingt erhebliche Kosten bei gleichzeitig hohem Zeitaufwand. Ein frühzeitiges In-situ-Defektdetektionsverfahren kann die nachgelagerte Qualitätssicherung effizienter gestalten und somit die Kosten reduzieren. Eine solche zuverlässige In-situ-Prozessüberwachung und Qualitätssicherung existiert heute noch nicht und soll daher in diesem Projekt entwickelt werden. Folgende wissenschaftliche Problemstellungen müssen für solch eine Lösung noch bearbeitet werden:

Herausforderung I: In-Situ-Sensorik
Aktuell fehlt ein geeignetes In-situ-Sensorikkonzept, welches alle typischen Bauteildefekte erkennt. Wenngleich es viele verschiedene In-situ-Messverfahren, wie beispielsweise die Schmelzbadüberwachung (Meltpool monitoring, MPM), optische Tomographie (OT) und optische Schichtüberwachung (Powder bed monitoring, PBM) der L-PBF-Anlagenhersteller gibt, mangelt es an zuverlässigen Messdaten sowie Analyseverfahren. Damit ist eine fundierte Aussage über die erreichte Prozess- und Bauteilqualität nicht möglich. Unter anderem eignet sich die derzeit verfügbare Sensorik nicht zur Erfassung der Höhe (Topografie) von Pulverschichten. Gerade im Schichtaufbau ist eine lokale oder globale Höhenabweichung jedoch qualitätskritisch und müsste daher mit geeigneter Sensorik erfasst werden.

Herausforderung II: Datenanalyse
Trotz vieler Entwicklungen und Innovationen im Bereich des maschinellen Lernens existiert heute keine Theorie, die eine korrekte Wahl und Konfiguration eines Lernverfahrens für die gegebene Problemstellung erlaubt. So einfach es oft ist, erste schnelle Resultate bei der Datenanalyse zu erzielen, so schwer ist es, angelernte Modelle in der für ingenieurswissenschaftlichen Anwendungen notwendigen Qualität zu generieren. Existierende Datenanalyseverfahren erlauben daher heute noch keine Klassifikation der Sensordaten bzgl. Produktqualität im Bereich AM. Neben der oben angesprochenen fehlenden Sensorik gibt es dabei Herausforderungen im Bereich der maschinellen Lernverfahren: 1) Integration von domänespezifischem A-Priori-Wissen: Zur Absicherung der Lernergebnisse und zur Reduktion der nötigen Datenmengen muss A-Priori-Wissen, wie materialwissenschaftliches und physikalisches Wissen sowie Prozesswissen in die Lernverfahren integriert werden. Obwohl es hier Vorarbeiten gibt, existieren bislang keine Ansätze für die AM-Technologie.
2) Erklärbarkeit der Lernergebnisse: Lernergebnisse, wie z.B. neuronale Netze sind für Menschen schwer nachvollziehbar. Es bedarf einer Erklärungskomponente, welche die Modelle für den Menschen interpretierbar machen und so eine Benutzerakzeptanz erreichen. Auch hier existieren Lösungsansätze, die für diesen Bereich weiterentwickelt werden müssen.
3) Netzarchitektur: Zur Datenanalyse sollen neuronale Netze verwendet werden. Hierzu muss eine zur Sensorik und zur Aufgabe passende Architektur basierend auf CNNs oder Gated Neural Networks, wie z.B. GRU und basierend auf generativen Netzen wie z.B. VAE entwickelt werden.

Projektlaufzeit: 10.2021 – 08.2023

Förderprogramm: IGF

HSU

Letzte Änderung: 2. August 2022