Bildungsaspirationen verstehen: Subjektive Narrative als Ausgangspunkt für Weiterbildungsentscheidungen

Seit vielen Jahrzehnten fragen sich sowohl Praktiker:innen als auch Wissenschaftler:innen der Erwachsenenbildung, aus welchen Gründen Erwachsene an Angeboten der Erwachsenen- und Weiterbildung teilnehmen – oder auch nicht. Wir gehen davon aus, dass auch im Erwachsenenalter eine grundlegende subjektive Bereitschaft vorhanden ist, sich lebensbegleitend Wissen anzueignen und die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen weiterzuentwickeln. Diese Lernprozesse sind in ihrer Form vielfältig: sie sind informeller oder formaler Natur, sie werden individuell und selbstbestimmt gestaltet oder finden im Rahmen organisierter Weiterbildung statt.

Menschen streben Lernprozesse zur Erweiterung ihrer persönlichen, beruflichen oder auch gesellschaftlichen Handlungsfähigkeit an, zur Veränderung oder Verbesserung ihrer Lebensperspektiven oder auch zur persönlichen Wissenserweiterung und -vertiefung. Verschiedene kontextabhängige Faktoren können jedoch eine Teilnahme an organisierter Erwachsenenbildung erschweren oder verhindern: Hier gilt der Blick einerseits den äußeren Rahmenbedingungen (Zeit und Raum, Angebot und Nachfrage, organisatorische und strukturelle Gegebenheiten und Bedingungen des Weiterbildungssystems, bildungspolitische Rahmungen usw.). Andererseits spielen individuelle (Lern-)Interessen, Bedürfnisse und Bildungsambitionen der Adressat:innen und Teilnehmenden eine große Rolle. Alle Faktoren können die subjektive Bereitschaft beeinflussen, formale Angebote der Erwachsenen- und Weiterbildung wahrzunehmen und an ihnen teilzunehmen.

Ziel des Projekts ist es, Wechselwirkungen zwischen Bildungsteilnahme, subjektiven Begründungen und biographischen Entwicklungen sowie objektiven Umweltbedingungen zu untersuchen. Teilnehmende und Nichtteilnehmende äußern und begründen in biographisch erzählten Lerngeschichten ihre Interessen, Bedürfnisse, Einstellungen und Widerstände in Bezug auf Weiterbildung und lebenslanges Lernen. Diese Lerngeschichten sollen mit einem sozialraumorientierten Ansatz in verschiedenen Hamburger Stadtteilen/Quartieren erhoben werden.

Ausgehend von diesem Szenario verfolgt das Projekt zwei zentrale Forschungsfragen:

  1. Welche Bedeutung haben subjektive Lerngeschichten im Rahmen individueller Weiterbildungsentscheidungen?
  2. Welche Erkenntnisse und Strategien für die Erreichung bisher unterrepräsentierter Zielgruppen in der Weitebildung können aus subjektiven Lernnarrativen abgeleitet und umgesetzt werden?

Zur Beantwortung dieser Fragen werden explorativ-narrative Interviews mit Teilnehmenden und Nichtteilnehmenden an Weiterbildung durchgeführt sowie problemzentrierte Interviews mit Expert:innen aus der Weiterbildungspraxis und -beratung. In Gesprächswerkstätten werden Praktiker:innen und interessierte Interviewteilnehmende zusammenkommen, um sich über Möglichkeiten der Ansprache, teilnehmerorientierte Angebotsformate sowie subjektorientierte Lernberatung und -begleitung auszutauschen. In zwei Forschungswerkstätten mit Befragten, Expert:innen und Forscherinnen soll zum Abschluss des Projektes eine praxisbezogene Handreichung für Weiterbildungseinrichtungen und Beratungseinrichtungen entwickelt werden.

Das Forschungsprojekt wird eng mit verschiedenen Träger:innen der Erwachsenenbildung sowie mit Bürgerhäusern, Stadtteilbüros, Sozialstationen oder weiteren in den jeweiligen Sozialräumen etablierten Einrichtungen kooperieren.

Publikationen im Projekt

Zeuner, Christine; Pabst, Antje; Heilmann, Lisanne (2023): Teilnahme und Nichtteilnahme an Erwachsenenbildung im Lichte subjektiver Begründungen: Ambivalente Befunde einer Hamburger Regionalstudie. Magazin Erwachsenenbildung.at, Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs. Ausgabe 50, 2023, S. 31 – 40. (referiert)

Team und Kontakt

Prof. Dr. Christine Zeuner

(wissenschaftliche Verantwortung)

Telefon: +49-40-6541-2796

E-Mail: zeuner(at)hsu-hh.de

Dr. Antje Pabst

(Leitung, Koordination und wissenschaftliche Bearbeitung)

Telefon: +49-40-6541-3908

E-Mail: antje.pabst(at)hsu-hh.de

Thea Klüver

(wissenschaftliche Bearbeitung)

Drittmittelgeber

Hamburger Institut für Berufliche Bildung

Hamburger Str. 131

22083 Hamburg

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Publikationen zum Thema

Ahlheit, Peter und Bettina Dausien (2009). Bildungsprozesse über die Lebensspanne: Politik und Theorie lebenslangen Lernens. In: Rudolf Tippelt und Bernhard Schmidt (Hrsg.). Handbuch Bildungsforschung. 2. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 713-734.

Holzer, Daniela (2017). Weiterbildungswiderstand. Eine kritische Theorie der Verweigerung. Bielefeld: transcript.

Holzer, Daniela (2004). Widerstand gegen Weiterbildung. Weiterbildungsabstinenz und die Forderung nach lebenslangem Lernen. Wien: Lit.

Mania, Ewelina (2018). Weiterbildungsbeteiligung sog. ‚bildungsferner Gruppen‘ in sozialraumorientierter Forschungsperspektive. Bielefeld: wbv. DOI: 10.3278/14/1139w

Pabst, Antje (2020a): Flexibilisierte Beschäftigung und Bildungszeit – Chance oder Risiko? Befunde einer qualitativen Studie zur Zeitarbeit. In: Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs. Ausgabe 41, 2020. Wien. https://erwachsenenbildung.at/magazin/20-41/meb20-41.pdf

Umbach, Susanne (2016). Lernbilder. Collagen als Ausdrucksform in Untersuchungen zu Lernvorstellungen Erwachsener. Bielefeld: transcript.

Umbach, Susanne (2012). Lernlust – die Lust am Sinn. In: Peter Faulstich und Mechthild Bayer (Hrsg.): LernLust – Hunger nach Wissen, lustvolle Weiterbildung. Hamburg: VSA, S. 115-130.

Zeuner, Christine; Pabst, Antje (2020). Wirkungsforschung am Beispiel der Bildungsfreistellung. Magazin Erwachsenenbildung.at 40, 2. https://erwachsenenbildung.at/magazin/19-40/meb19-40.pdf

Zeuner, Christine (2000). Erwachsenenbildung in Hamburg 1945 bis 1972. Institutionen und Profile. Hamburger Beiträge zur Aus- und Weiterbildung Bd. 1. Münster: Lit-Verlag.

HSU

Letzte Änderung: 13. Februar 2024