7. Wie gelingen digitales Arbeiten und digitales Führen?

  • Wie effektiv ist die Arbeit im HO? Wie sehr vertrauen die FK ihren MA im HO? Wie oft und mit welchen Medien kommunizieren Führungskräfte mit ihren Mitarbeitenden? Was wird aus der informellen Kommunikation? Wie ist die Bedeutung häufiger Webkonferenzen einzuschätzen? Wie gestaltet sich digitale Führung? Welche Schwierigkeiten erleben FK?

7.1. Beschäftigte kommunizieren überwiegend digital mit Führungskraft

Die meisten Befragten kommunizieren 1-2-mal pro Woche mit ihrer Führungskraft (38%), bei 20 % gibt es nur alle paar Wochen oder seltener Kontakt, bei 42% gibt es häufigeren Austausch, wobei davon 22% täglich kommunizieren.

Die tägliche Kommunikation nimmt mit zunehmender Homeoffice-Intensität ab: Ohne Homeoffice 36,1% und bei 5 Tagen nur 14,5%.

Dabei haben 46% der Mitarbeitenden überwiegend oder ausschließlich digital mit Ihrer FK kommuniziert während nur 27% überwiegend direkten face-to-face Kontakt hatten.

Erwartungsgemäß nimmt der Face-to-face Anteil mit zunehmender HO Intensität ab (r = .66). Bei denen, die nicht im HO arbeiten, liegt der Face-to-face-Anteil bei 61,3% und der digitale Anteil bei nur 23,4%. Hingegen bei den, die überwiegend im Homeoffice arbeiten (4 oder 5 Tage), liegt der Face-to-face-Anteil bei nur 5% und der digitale Anteil bei nur 85%.

Je mehr Face-to-face Kommunikation desto mehr findet informelle Kommunikation statt (r = -.15).

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Bei der digitalen Kommunikation haben 45% eher synchron (Video, Telefon) mit ihrer FK kommuniziert und nur 25% eher asynchron (E-mail).

Es zeigen sich nur geringfügige Zusammenhänge zwischen den Kommunikationsformen und den Gesundheits-, Zufriedenheits- und Leistungsmaßen. Die Kommunikationshäufigkeit wirkt sich positiv auf die Gesundheits-, Zufriedenheits- und Leistungsmaße aus: z.B. zu Engagement (r = .15), Commitment (r = .21), Gesundheit (r = .15).

7.2. Nach Ende der Pandemie wieder deutlich mehr Face-to-face-Kommunikation erwartet

Führungskräfte und Mitarbeitende gehen gleichermaßen davon aus, dass sich ihr Kommunikationsverhalten nach der Pandemie ändern wird.

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Zu t1 kommunizierten 56,8% der Mitarbeitenden online und nur 21,4% face-to-face. Bei Führungskräften ist dies ähnlich (59,3% online zu 23,2% face-to face). Nach der Pandemie dreht sich das Bild: 49,5% der MA erwarten wieder überwiegend face-to-face und nur 20,8% überwiegend online. Bei den Führungskräften sieht dies ähnlich aus (41,3% face-to-face und nur 26,6% online).

Bei der Online-Kommunikation werden dann nach der Pandemie weiterhin synchrone Formen (Video, Telefon) überwiegen. Das gilt für FK (44,9% für synchrone Kommunikation gegenüber 14,4% für asynchrone Kommunikation) in stärkerem Maße als für MA (38,3% gegenüber 21,0%).

7.3. Informelle Kommunikation mit FK leidet im Homeoffice

Die befragten Mitarbeitenden schätzen die informelle Kommunikation mit ihren Führungskräften im HO bei einem direkten Vergleich schlechter ein als im Büro.

Zum Beispiel geben nur 29,3% der Befragten an, dass sich ihre Führungskraft im HO „Zeit nimmt, um zwischendurch auch mal spontan über Privates zu reden“ oder, dass sich die Führungskraft privates Interesse zeigt „… und oft nachfragt, was gerade los ist“ (28,7%). Im Büro liegt der Anteil mit 48,5% bzw. 39,1% deutlich höher.

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Zwar liegen die Selbsteinschätzungen der FK wie auch bei den anderen Führungsverhaltensweisen deutlich höher, aber auch die Führungskräfte schätzen die informelle Kommunikation mit ihren Mitarbeitenden im HO bei einem direkten Vergleich schlechter ein als im Büro. Zum Beispiel geben 49,4% der Führungskräfte an, dass sie sich im HO „Zeit nehmen, um zwischendurch auch mal spontan über Privates zu reden“ oder, dass sie sich „für ihre MA als Privatperson interessieren und oft nachfragen, was gerade los ist“ (50,6%). Im Büro liegen die Anteile mit 75,9% bzw. 68,4% deutlich höher.

Insgesamt ist die Möglichkeit informelle Kontakte zwischen MA und FK zu entwickeln und zu pflegen sowohl aus Sicht der MA als auch aus Sicht der FK im HO gegenüber dem Büro deutlich eingeschränkt.

Aus Sicht der MA hängt eine bessere informelle Kommunikation im HO mit weniger Stress (r = -.16), mehr Wohlbefinden (r = .22), Engagement (r = .34), Commitment (r = .35), Arbeitszufriedenheit (r = .32) und Leistung (r = .17) zusammen.

7.4. Führungskräfte nutzen Online-Tools für digitale Führung

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Führungskräfte, die auch im HO tätig sind, versuchen die digitale Zusammenarbeit durch unterschiedliche Maßnahmen zu unterstützen. Dabei geht es zum einen um den Einsatz von Online-Tools. Nach ihrer eigenen Einschätzung arbeiten 48% mit Kommunikationsroutinen wie einem gemeinsamen Online-Meeting zum Tagesbeginn oder zum Wochenstart z.B. mit WebEx, Zoom, MS Teams und 45% sorgen auch mit Hilfe digitaler Projektmanagement-Tools für Transparenz in Bezug auf die Aufgaben und Zuständigkeiten aller Team- oder Projektmitglieder (z.B. mit Jira, Confluence, Asana, Kanban, Trello, MS Planner). Aus Sicht der Mitarbeitenden ist der Anteil mit 36% bzw. 25% deutlich niedriger.

Zum anderen geht es um die Förderung informeller Kontakte und Kommunikation bei digitaler Arbeit. Nach ihrer eigenen Einschätzung fördern 46% informelle Begegnungen zwischen sich und den Mitarbeitenden durch virtuelle Afterworkpartys, gemeinsame Mittagessen oder Kaffeepausen, z.B. mit Gathertown. Auch hier ist aus Sicht der Mitarbeitenden der Anteil mit 28% deutlich niedriger.

Viele Führungskräfte (45%) versuchen auch unter Pandemie-Bedingungen z.B. neu gebildeten Teams oder Projektgruppen direkte persönliche Kontakte von Angesicht zu Angesicht zu fördern. Auch hier ist aus Sicht der Mitarbeitenden der Anteil mit 27% deutlich niedriger.

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Insgesamt geben ca. 45% der Führungskräfte an, die digitale Zusammenarbeit durch unterschiedliche Maßnahmen und die Nutzung digitaler Tools zu unterstützen. Nur ca. 20% nutzen keine Tools oder unterstützen nicht ausdrücklich die informelle Kommunikation. Aus Sicht der Mitarbeitenden liegt der Anteil der Führungskräfte an, die digitale Zusammenarbeit durch unterschiedliche Maßnahmen und die Nutzung digitaler Tools zu unterstützen mit ca. 30% deutlich niedriger. Umgekehrt geben ca. 45% an, dass ihre Führungskräfte eher keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen.

7.5. Engagement im Bereich digitaler Führung zahlt sich aus

Wenn sich Führungskräfte im Bereich digitaler Führung engagieren, indem sie die Kommunikation fördern und entsprechende Tools nutzen, hat dies vielfältige positive Auswirkungen auf Seiten der Mitarbeitenden. Mitarbeitende, deren Führungskräfte sich im Bereich digitaler Führung engagieren, erleben weniger Stress (r = -.17), mehr Engagement (r = .44), mehr Commitment (r = .47), bessere Gesundheit (r = .21), eine höhere Arbeitszufriedenheit (r = .35) und mehr Leistung im HO (r = .16) aber auch im Büro (r = .22).

Führungskräfte, die sich im Bereich digitaler Führung engagieren, erleben selbst weniger Stress (r = -.17), mehr Engagement (r = .30), mehr Commitment (r = .29), bessere Gesundheit (r = .25) und mehr Leistung ihrer MA im HO (r = .20) aber auch im Büro (r = .21). Möglichweise profitieren sie selbst davon, da sie effektiver und effizienter führen. Es ist aber auch denkbar, dass sich Führungskräfte, die weniger belastet und stärker motiviert sind, sich eher im Bereich digitaler Führung engagieren.

Beschäftigte, deren FK sich im Bereich digitale Führung engagieren, erleben auch einen besseren informellen Kontakt im HO (r = .47). Das gilt auch aus Sicht der FK (r = .34).

7.6. Spezifische Herausforderungen bei Führung im HO im Vergleich zum Büro

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Führungskräfte, die auch oder überwiegend im HO arbeiten, berichten von spezifischen Führungsproblemen in den Bereichen Steuerung, Kontrolle, Unterstützung und Koordination im Team, gerade auch im Vergleich zur Führung im gewohnten Büroalltag. Vor allem fällt es 46% im HO schwer, mitzubekommen, wann jemand Unterstützung benötigt. Im Büro berichten nur 22% von dieser Schwierigkeit.

Ähnlich schwierig ist es mitzubekommen, wieviel die Mitarbeitenden wirklich arbeiten. Das erleben 42% im HO als schwierig, während dies im Büro nur von 22% als kritisch gesehen wird. Ebenso problematisch ist es mitzubekommen, ob sich die Mitarbeitenden im Team untereinander gut abstimmen. Das erleben 41% im HO als schwierig, während dies im Büro nur von 20% als kritisch gesehen wird. Zudem berichten 38%, dass die spontane Kommunikation erschwert ist (21% im Büro) und 36% finden es schwierig rechtzeitig von Problemen zu erfahren (19% im Büro) oder, mitzubekommen, ob die Mitarbeitenden die Aufgaben richtig verstanden haben (33% im HO gegenüber 19% im Büro).

Weiterhin berichten 24,7% der Führungskräfte, dass es im HO „schwer sei, bei Problemen/ Konflikten im Team die jeweiligen Standpunkte wirklich zu verstehen (17,4% im Büro). Ähnlich ist es, bei Problemen/ Konflikten zu Lösungen zu kommen, mit denen alle zufrieden sind (24,8% im HO vs. 16,2 % im Büro).

7.7. Führungsprobleme im Homeoffice und im Büro belasten Führungskräfte

Führungskräfte, die spezifische Führungsprobleme im HO berichten, erleben selber mehr Stress (r = .32), mehr Beschwerden (r = .34), weniger Engagement (r = -.14), weniger Commitment (r = -.13), schlechtere Gesundheit (r = -.14), weniger AZ (r = -.19) und weniger Leistung ihrer MA im HO (r = -.23). Sie sind gleichzeitig mit weiteren Stressoren konfrontiert: Unterbrechungen im HO (r = .34), Workload (r = .37), technische Probleme (r = .36), Isolation (r = .29), Kommunikationshindernisse (r = .52), wenig Unterstützung durch eigene FK (r = -.21).

Führungskräfte, die Führungsprobleme im Büro sehen, erleben mehr Stress (r = .40), mehr Beschwerden (r = .41), weniger Engagement (r = -.09), weniger Commitment (r = -.21), schlechtere Gesundheit (r = -.17), weniger Arbeitszufriedenheit (r = -.15) und weniger Leistung ihrer MA im HO (r = -.14).

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7.8. Führungskräfte vertrauen MA im Homeoffice und machen konkrete gesundheitsförderliche Unterstützungsangebote

Die befragten Führungskräfte schätzen zwar die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeitenden bei einem direkten Vergleich im HO schlechter ein als im Büro, vertrauen aber weitgehend ihren Mitarbeitenden. Zum Beispiel geben 64,6% der Führungskräfte mit HO an, dass sie ihren Mitarbeitenden „vertrauen, dass sie sich auch im Homeoffice voll für ihre Arbeit engagieren und das Homeoffice nicht für private Zwecke ausnutzen“. Dieser Eindruck wird auch von den Mitarbeitenden in gleichem Maße geteilt und damit bestätigt (63,6%).

Allerdings erlebt nur ein kleinerer Teil der Mitarbeitenden konkrete gesundheitsförderliche Unterstützungsangebote durch Ihre Führungskraft im Homeoffice: „nimmt Rücksicht auf Rahmenbedingungen im Homeoffice (technisch, familiär, räumlich, etc.)“ (42,0%) und „unterstützt, dass die MA im Homeoffice angemessene technische und ergonomische Ausstattung haben“ (37,4%). Jeweils ein Drittel der Befragten gibt an, dass ihre FK zudem „gemeinsam klare Regeln und Erwartungen, was Erreichbarkeit im Homeoffice angeht und wie schnell man zu reagieren bzw. zu antworten habe vereinbart“ (33,3%), Unsicherheit reduziert und für Klarheit sorgt, indem sie im Homeoffice lieber mehr als zu wenig nachfragt (24,4%) und dazu ermuntert „Arbeit und Privates im Homeoffice zu trennen“ (34,7%).

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Nur ein geringer Anteil berichtet allerdings, dass es ihre Führungskraft „mitbekommt und darauf reagiert, wenn es einem im Homeoffice nicht gut und man müde und abgespannt ist (17,4%) oder dazu ermuntert, „im Homeoffice für Ausgleich durch Bewegung“ (22,4%) oder für „ausreichend gesunde Ernährung zu sorgen“ (18,1%).

Vergleicht man die Einschätzungen der Mitarbeitenden hinsichtlich der konkreten gesundheitsförderlichen Unterstützungsangebote mit den Selbsteinschätzungen der Führungskräfte, zeigt sich eine deutliche Diskrepanz: Gut die Hälfte der Führungskräfte gibt an, die einzelnen Unterstützungsangebote zu machen (50 bis 65%).

Mitarbeitende, deren FK gesundheitsförderliche Unterstützungsangebote im Homeoffice machen, erleben auch mehr allgemeine soziale Unterstützung durch die Führungskraft im HO (r = .53), einen besseren informellen Kontakt im HO (r = .61) und sorgen selbst auch mehr für ihre eigene Gesundheit (SelfCare; r = .34). Sie berichten von weniger Beschwerden (r = -.18), weniger Stresserleben (r = -.21), fühlen sich wohler (r = .32), sind gesünder (r = .24) und engagierter (r = .47), fühlen sich verbundener mit dem Unternehmen (r = .46), sind mit ihrer Arbeit zufriedener (r = .36) und leistungsfähiger im HO (r = .21) und im Büro (r = .28).

Damit zeigt sich, die hohe Bedeutung gesundheitsförderlicher Unterstützungsangebote im Homeoffice für Gesundheit, Zufriedenheit und Leistung.

Referenz

Krick, A., Felfe, J., Neidlinger, S.M., Klebe, L., Tautz, D., Schübbe, K., Frontzkowski, Y., Gubernator, P., Hauff, S., & Renner, K.-H. (2022). Auswirkungen von Homeoffice: Ergebnisse einer bundesweiten Studie mit Führungskräften und Mitarbeitenden. https://www.hsu-hh.de/psyaow/newsblog-aus-unserem-dtec-projekt-digital-leadership-and-health/

HSU

Letzte Änderung: 5. Juli 2023