Gerichtsprozesse im Rheinland unter alliierter Besatzung 1918-1930

Karin Trieloff, M.A. (Humboldt-Universität zu Berlin) [email protected]

Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin

Mit der Unterzeichnung des Versailler Vertrages wurde zugleich eine als Garantie der Vertragserfüllung gedachte, auf 15 Jahre begrenzte militärische Besetzung des Rheinlandes durch die Siegermächte beschlossen. Da dieses Rheinlandabkommen neben der Einrichtung einer gemeinsamen Oberbehörde, der Interalliierten Rheinlandkommission, auch ein gleichzeitiges Fortbestehen der deutschen Zivilverwaltung vorsah, ergab sich rasch ein konfliktreiches Nebeneinander unterschiedlicher hoheitlicher Gewalten und Zuständigkeiten. Diese Situation einer uneindeutigen Staatsgewalt wird im Dissertationsprojekt anhand von Gerichtsprozessen unter alliierter Beteiligung untersucht, beispielsweise anhand von Verfahren über das provozierende Absingen der deutschen Nationalhymne, in der Beanspruchung diplomatischer Immunität durch Angeklagte, in der Verfolgung wirklicher und vermeintlicher Separatisten u. a. Im Mittelpunkt stehen nicht allein die Auswirkungen des Rheinlandabkommens auf die Justiz in den besetzten Gebieten, sondern insbesondere auch die Bedingungen und Konsequenzen, mit denen Gerichtsverfahren zu Bühnen (inter-)nationaler Symbol- und Machtkämpfe gemacht wurden. Über die historische Erforschung der Rheinlandbesetzung hinaus leistet das Projekt daher zugleich einen Beitrag zur Frage der strukturellen (Ent-)Koppelung von Rechtsprechung und staatlichem Gewaltmonopol sowie zu dem generell konstruktivistischen Charakter von Gerichtsverfahren. Es wird an die jüngere kulturgeschichtliche Forschung zum Justizwesen angeknüpft und die Bedeutung sozialer Praktiken und medialer Projektionen, sprachlicher Codes und symbolischer Handlungen für die Ereignisse innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals ausgelotet.

HSU

Letzte Änderung: 2. Juni 2021