Forschung

Zero-Emission-Kraftwerke: Modellierung von Prozessen mit stöchiometrischer Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff in Dampf und Aufbau eines Prototyps
Die stöchiometrische Verbrennung von Wasserstoff in thermischen Kraftwerken steht durch die Herausforderung der Energiewende im Fokus

Erste Version des geplanten Prototyps
Erste Version des geplanten Prototyps

der Forschung. Eine weitestgehend unerforschte Variante thermischer Kraftwerke sind geschlossene Prozesse, in denen Wasserstoff durch Hinzufügen von Sauerstoff in Dampf verbrannt wird. Erste Konzepte wurden bereits Ende der 70er Jahre vorgestellt. Der größte Vorteil dieser Prozesse ist die Abwesenheit klimaschädlicher Gase, da der bei der Verbrennung entstehende Wasserdampf kondensiert wird. Hinzu versprechen sie thermische Wirkungsgrade von über 70 %. Die bekannteste Ausführung ist der Graz Prozess. Der Forschungszweig H2-Kraftwerke befasst sich mit zwei Themen:

1- Modellierung von Kraftwerken mit dem Prozesssimulationsprogramm Aspen. Ziel ist es, neue Konzepte zu untersuchen und existierende Prozesse hinsichtlich des Wirkungsgrades zu optimieren. Gleichzeitig wird eine Schnittstelle zwischen Aspen und Matlab erstellt, um eine automatisierte Initialisierung und Auswertung der Aspen-Modelle zu ermöglichen.

2- Aufbau eines Prototyps, anhand dessen, erste Betriebsdaten gewonnen und Regelungskonzepte erprobt werden. Dies geschieht parallel zum Versuchsstand Wasserstoffbrennkammer. Es geht darum, die Brennkammer in einem geschlossenen Prozess zu integrieren und von der Theorie in die Praxis zu kommen.

Studierende. Aufgrund des großen Spektrums der Aufgabenstellungen sind laufend Stellen für Abschlussarbeiten oder Tätigkeiten als wissenschaftliche Hilfskraft offen. Themen sind: Prozesssimulation, Programmierung, Thermodynamik, CFD, Konstruktion und Versuchsplanung. Viele dieser Tätigkeiten sind remote möglich. Anschreiben oder Anfragen an:

David Bocandé
T: +49 406541-3714
E:  [email protected]


Splashing
Abb. 1: Außenansicht des Splashing-Versuchsstandes

Das Zerfallsverhalten von Tropfen bei Kollision mit festen oder flüssigen Oberflächen hat bei vielen technischen Anwendungen großen Einfluss auf den Prozessverlauf. Bei einem Teil dieser Anwendungen ist die Art der Ausbreitung auf den entsprechenden Oberflächen das Hauptaugenmerk. Dazu zählen etwa Verfahren wie der Tintenstrahldruck oder die Desinfektion und Beschichtung von Oberflächen.
Für andere Verfahren ist hingegen der Zerfall der Tropfen selbst und besonders die Eigenschaften der entstehenden Sekundärtropfen entscheidend, da diese den weiteren Prozessverlauf stark beeinflussen.
In Turbomaschinen treten diese Tropfen-Wand-Interaktionen beispielsweise bei der Eindüsung von Wasser in den Verdichtereinlauf (Overspray-Fogging) oder bei der Auskondensation von Wassertropfen bei im Nassdampfgebiet operierenden Dampfturbinen auf.

Da diese Maschinen bei Über- bzw. Unterdruck operieren wird am Laboratorium für Strömungsmaschinen an der Helmut-Schmidt-Universität ein Versuchsstand entwickelt, in dem der Tropfenzerfall bei den relevanten Umgebungsbedingungen untersucht werden kann (siehe Abb. links).

Der Tropfenzerfall wird dazu im Schattenverfahren mit Hochgeschwindigkeitskameras aufgenommen und die so entstandenen Aufnahmen anschließend mit einer Partikelerkennungssoftware ausgewertet. Auf diese Weise können allgemeine phänomenologische Veränderungen sowie die Eigenschaften des Sekundärtropfensprays untersucht werden (siehe Abb. unten).

Splahing-Versuchsstand
Abbildung 2: Links: Deposition eines Tropfens auf einer glatten Oberfläche ohne Sekundärtropfenentstehung, Mitte: Splashing auf einer glatten Oberfläche bei 5 bar, Rechts: Splashing auf einer rauhen Oberfläche bei 1 bar

Die Zielsetzung des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung wird durch das Verbundprojekt der AG-Turbo „Turbomaschinen für Energiespeicher und grüne Brennstoffe – TurboGrün“ u.a. aufgegriffen.

Die AG-Turbo ist ein durch das DLR gegründeter Verbund von Hochschulinstituten, Forschungszentren und den Weltmarktführern der Turbomaschinen-Industrie. Durch die Einbindung der AG-Turbo in das Forschungsnetz „Flexible Energieumwandlung“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ist der Verbund am Puls der Zeit, um bestmöglich proaktiv in der Energiewende zu agieren.

TurboGreen

Unter dem Arbeitstitel AP 4 – Expander und Verdichter für die Energiewende der AG Turbo erforschen die Verbundpartner Helmut-Schmidt-Universität und MAN Energy Solutions SE sowie die TU Dresden das durch die Energiewende aufkommende geänderte Anforderungsprofil der Turbomaschinen. So werden zum Beispiel in CAES (Compressed Air Energy Storage) – Anwendungen transiente Bedingungen den Expandern aufgeprägt.

Ein Schwerpunkt als Teilarbeitspaket AP 4.2 ist die Untersuchung der Schaufelinteraktion in Expansionsmaschinen für besondere Gase wie sCO­2, Methan aber auch Wasserstoff.  Dabei sollen additiv gefertigte Schaufeln in Turbomaschinen mit deren Besonderheiten und Beeinflussung des Wirkungsgrades eine hohe Gewichtung im Projekt einnehmen. Die additiven Fertigungsverfahren ermöglichen zudem neue Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Optimierung der Kühlung und Schwingungsverhalten durch transiente Bedingungen sowie einen gestalterischen Freiheitsgrad bei vergleichsweise geringen Fertigungskosten. Weiterhin ist es denkbar durch gerichtete Texturen der 3D-Druck Schaufeln das Strömungsverhalten im Spalt gezielt zu beeinflussen.

Durch die hervorragende Ausstattung der Helmut-Schmidt-Universität wird daher ein Dampfturbinenversuchsstand mit modernster Messtechnik aufgebaut, um neue Kenntnisse zu generieren und diese in die Entwicklung der künftigen grünen Generation von Turbomaschinen einfließen zu lassen. Auch die Validierung sowie Optimierung von Berechnungs- und Auslegungsmethoden des neuen Anforderungsprofils wird im Zuge des Projektes erfolgen und sichern die Entwicklung weiter ab.

Gerade die Weiterentwicklung und die spezifische Anpassung der Turbomaschinen für den GreenDeal trägt zur Sicherung von kostengünstiger und flexibler Energie bei und sichert Deutschland einen hohen Vorteil in der Energiewirtschaft.

Untersuchung des Filmverhaltens und der Desintegration an Schaufelhinterkanten unter turbomaschinenähnlichen Bedingungen

In Gasturbinen werden Wassertropfen gezielt in den Ansaugtrakt eingebracht, verdunsten und kühlen so die angesaugte Luft. Dieses sogenannte High-Fogging ermöglicht einen positiven Einfluss auf die Leistung und den thermischen Wirkungsgrad der Gasturbine. Zusätzlich werden eine schadstoffärmere Verbrennung und größere Arbeitsumsetzung in der Turbine ermöglicht. Allerdings folgen bei dieser Methodik Wassertropfen ab eine Größe >10 µm der Strömung im Verdichter nur noch bedingt und treffen aufgrund von Trägheit auf die Schaufeloberfläche. Durch den Tropfenaufprall entsteht ein Wasserfilm, welcher durch die anliegende Gasströmung zur Hinterkante getrieben wird. An dieser entstehen fingerartige Wasserstrukturen (Ligamente), welche zu Wassertropfen mit Durchmessern zwischen 10 – 1000 µm zerstäubt werden, was als Desintegration bezeichnet wird. Neben möglichen Wirkungsgradeinbußen durch die Schleppverluste der Ligamente führt der Aufprall von Tropfen größer als 100 µm auf der nächsten Rotorschaufelreihe zu Materialschädigung und folglich einer verkürzten Lebensdauer durch Erosion.

Ein umfassendes Verständnis des Gesamtprozesses ist weiterhin Gegenstand der Forschung. Deshalb soll im Rahmen eines DFG-Projektes die bisher wenig betrachtete Wechselwirkung zwischen Filmverhalten und Hinterkantendesintegration untersucht werden. Die genaue räumliche und zeitliche Auflösung des welligen Flüssigkeitsfilms steht dabei im Fokus. Dafür wird ein neuer Prüfstand aufgebaut, welcher die Untersuchung von scherströmungsgetriebenen dünnen Flüssigkeitsfilmen unter turbomaschinenähnlichen Bedingungen ermöglicht. Im ersten Schritt wird eine von einem Flüssigkeitsfilm benetzte ebene Platte bei Geschwindigkeiten von bis zu 100 m/s unter Variation des Turbulenzgrades und der Grenzschichtdicke betrachtet.

Die Filmdicke wird mittels eines neuartigen Absorptionsmessverfahrens unter Verwendung einer Hochgeschwindigkeitskamera bestimmt. Die Methodik basiert auf der konzentrations- und dickenabhängigen Intensitätsabschwächung des Lichtes in einem Gemisch aus Wasser und Tinte. Ziel ist die sowohl qualitative wie auch quantitative Charakterisierung des globalen Wellenverhaltens, wie auch die von Einzelwellen. Neben der Betrachtung von Flüssigkeitsfilmen an der ebenen Platte wird auch die Schaufelhinterkantendesintegration beleuchtet.  Das Projekt wird in Kooperation mit dem Institut für Thermodynamik der Luft- und Raumfahrt (ITLR) an der Universität Stuttgart numerisch bearbeitet.

In diesem Forschungsgebiet untersuchen wir das Strömungsverhalten in geraden dampfbetriebenen Düsenkanälen mit austauschbaren Düsenprofilen, von einphasigen Bedingungen und hohen Drücken bis hin zu zweiphasigen Strömungen bei niedrigem Drücken. Die durch spontane Kondensation von unterkühltem Dampf entstehende Nassdampfströmung in den Dampfturbinen führt zu zusätzlichen Verlusten und auch zu Phänomenen wie die Tropfenablagerung und Erosion, die schädigend wirken können.

Am Laboratorium für Strömungsmaschinen an der HSU verfügen wir über eine hervorragende Ausstattung und die entsprechende Simulationstools, relevante Versuchseinrichtungen und Messtechnik um das Gebiet der Nassdampfströmungen zu erforschen, wichtige Erkenntnisse auf diesem Gebiet zu entwickeln und die Zukunft der Strömungsmaschinen zu gestalten.

Der Versuchsstand für Brennkammern ist ausgelegt für Luftmassenströme bis zu 10 kg/s bei Drücken von maximal 2bar. Mithilfe eines elektrischen Lufterhitzers mit einer Leistung von 1MW können Eintrittstemperaturen von bis zu 900 K erreicht werden.

Der Versuchsstand ist für den Betrieb mit gasförmigen Brennstoffen ausgelegt.



Messtechnik
Messtechnik LSM

Das Laboratorium für Strömungsmaschinen ist hervorragend für verschiedenste Messaufgaben in ein- und mehrphasigen Strömungen ausgerüstet. Abgesehen von der grundsätzlich vorgesehenen Messung von Drücken und Temperaturen auf Oberflächen oder mittels Strömungssonden sind 2D- und 3D-LDA und PIV-Systeme für die Erfassung von Strömungsfeldern vorhanden; in mehrphasigen (z.B. tropfenbeladenen) Strömungen kann zudem die Größe der Partikel mithilfe der vorhandenen PDA- und Shadowgraphie-Systeme erfasst werden. Für die Messung sehr kleiner Partikel im Sub-Mikrometer-Bereich auf der Basis der Lichtextinktion steht ebenfalls die notwendige Ausrüstung und Expertise zur Verfügung.

Des Weiteren sind am Brennkammerprüfstand des Laboratoriums LIF und UV-LIF-Systeme für die Erfassung der Vorgänge während der Verbrennung sowie entsprechende Geräte zur Emissionsmessung vorhanden.

Messtechnik LSM

Dampfversorgung:

Erdgasgefeuerter Flammrohrdampfkessel mit Überhitzer und Heißdampf- Oberflächenkühler
max. Dampfmenge 10 t/h
max. Frischdampfzustand: 17 bar / 280 °C
Bypassleitung mit regelbarer Wassereinspritzung
Luftversorgung:

Die zentrale Luftversorgungsanlage des Laboratoriums besteht aus zwei großen Radialverdichtern, die entweder einzeln, parallel oder in Reihe betrieben werden können

1 Verdichter in Betrieb:

max. Druckverhältnis: 2
max. Luftdurchsatz: 27 kg/s
2 Verdichter in Betrieb:

max. Druckverhältnis: 3,7
max. Luftdurchsatz: 18 kg/s
Die gewünschte Lufteintrittstemperatur am Versuchsstand wird mittels eines Nachkühlers eingestellt.

Des weiteren steht ein Ventilator mit einem max. Volumenstrom von 10 m³/s und einer max. Druckerhöhung von 1600 Pa als Luftversorgung für kleinere Versuchsstände zur Verfügung.


HSU

Letzte Änderung: 29. Januar 2024