Implikationen des Klimawandels und klima-induzierter Naturkatastrophen für Individuen, Firmen und den Versicherungssektor (CLIMATE_AFFECT)

Die Erde befindet sich in einem anhaltenden Prozess der globalen Erwärmung. Es gibt inzwischen wenig Zweifel daran, dass der Mensch, vor allem durch die Verbrennung fossiler Energieträger, zu diesem Prozess wesentlich beiträgt. Die meisten wissenschaftlichen Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die globale Erwärmung zu starken Veränderungen der Lebensverhältnisse auf der Erde führen könnte. Obwohl das Wissen über diese Zusammenhänge stetig wächst, tut sich die Menschheit schwer damit, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die globale Erwärmung zu stoppen oder zumindest deutlich zu verlangsamen.

Vor diesem Hintergrund wird im Projekt CLIMATE_AFFECT zunächst erforscht, welche Einstellungen zum Klimawandel weltweit vorherrschen und wie gut die Weltbevölkerung über Klimazusammenhänge informiert ist. Außedem wird analysiert, welche Anpassungseffekte der Klimawandel direkt und indirekt erzeugt. Dabei wird insbesondere auf Migrationsströme eingegangen. Schließlich wird untersucht, welche Unternehmen besonders stark durch Klimawandel beeinflusst werden und welche Rolle der Versicherungssektor bei der Vermeidung von negativen Konsequenzen des Klimawandels spielen kann. Diese Erkenntnisse sollen letztendlich dazu dienen, Klimapolitik besser zu fundieren und so wirksam wie möglich zu machen.

Unter der globalen Erderwärmung wird allgemein der Anstieg der Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche verstanden. Die Erderwärmung hat zwei unmittelbare Effekte.  Zum einen steigt der Meeresspiegel durch das Abschmelzen der Eismassen. Zum anderen verändert sich das Klima auf der Erde. Der Klimawandel ist ein langfristiger Prozess, der jedoch zunehmend an Bedeutung für kurzfristige klimatische Wetterphänomene gewinnt. So wird erwartet, dass die Erderwärmung mit einer Zunahme von Extremwetterlagen wie Hitze- und Kältewellen einhergeht. Auch die Muster des Regenfalls werden sich aller Voraussicht nach weiter verändern. Unterschiedliche Formen von Naturkatastrophen wie Dürren, Überschwemmungen oder Stürme stehen ebenfalls in Zusammenhang mit dem Klima und werden eher häufiger und/oder in stärkerem Ausmaß auftreten.

Diese starken klimatischen Veränderungen werden die Natur nicht unberührt lassen, denn das Klima ist eine der wichtigsten Umweltbedingungen auf der Erde. So führt der Meeresspiegelanstieg etwa dazu, dass sich ganze Landschaften und daran geknüpfte Ökosysteme anpassen müssen oder gar verloren gehen. Aber auch Wetterextreme und Naturkatastrophen üben großen Druck auf bestehende Ökosysteme aus.

Die wahrscheinlichen Veränderungen von Klima und Natur sind aller Voraussicht nach mit starken Konsequenzen für die Menschheit verbunden. Durch den Meeresspiegelanstieg oder Versteppung könnten ganze Landstriche unbewohnbar werden, was große Migrationsströme nach sich ziehen könnte. Auch die Ausbreitung ansteckender Krankheiten wird durch den Klimawandel beeinflusst. Negative Gesundheitseffekte sind zudem auch durch klimainduzierte Naturkatastrophen zu erwarten. Gemäß neuesten Projektionen führt der zu erwartende Klimawandel global zu stark negativen Effekten auf die Nahrungsmittelproduktion. Die zunehmende Nahrungsknappheit könnte in vielen Regionen zu Hungersnöten und Unterernährung führen. Die Liste mit den möglichen Folgen des Klimawandels ist lang. Vor diesem Hintergrund sollten möglichst schnell wirksame Maßnahmen gegen die Erderwärmung ergriffen werden. Dafür ist eine effektivere und effizientere Klimapolitik erforderlich.

Klimapolitik wird in Zukunft nur erfolgreich umgesetzt werden können, wenn die Wähler von deren Notwendigkeit im Allgemeinen und deren Nutzen im Konkreten überzeugt sind.

Das erste Ziel des Projekts ist es, das Wissen und die Einstellungen von sowohl Individuen als auch Unternehmen zum Klimawandel zu ermitteln und zu analysieren. Weiters soll erforscht werden, von welchen Faktoren das Klimawissen sowie Einstellungen zum Klimawandel bestimmt werden.

Der zu erwartende Klimawandel wird sehr wahrscheinlich Anpassungsreaktionen der betroffenen Menschen nach sich ziehen. Das zweite Projektziel liegt darin abzuschätzen, mit welchen Verhaltensreaktionen seitens der Unternehmen sowie der Bevölkerung zu rechnen ist. In Bezug auf Letztere soll sowohl der Effekt auf nationale als auch internationale Migrationsströme analysiert werden.

Nicht zuletzt wird zunehmend diskutiert, wie die zu erwartenden Konsequenzen des Klimawandels abgefedert werden können. Vor diesem Hintergrund ist das dritte Projektziel zu untersuchen, welche Rolle Versicherungen in diesem Zusammenhang spielen können.

Die Projektergebnisse sollen politischen Entscheidungsträgern fundierte Auskunft darüber geben, wie die Einstellungen von Wählern zum Klimawandel beschaffen sind, wodurch sie determiniert und wie sie beeinflusst werden können. Zudem sollen die Projektergebnisse dazu beitragen, die Konsequenzen des Klimawandels deutlich besser abschätzen zu können. Die Relevanz der einzelnen Klimarisiken für unterschiedliche Bevölkerungsteile und mögliche Anpassungsreaktionen sind für sowohl Versicherungen als auch für Unternehmen wichtige Themen.

Prof. Dr. Michael Berlemann,
Forschungsleitung

Telefon:
+49 (0)40 6541-2860
E-Mail:
[email protected]

Dr. Silke Bumann,
Projektkoordinatorin und
wissenschaftliche Mitarbeiterin

Telefon:
+49 (40) 6541-3347
E-Mail:
[email protected]


Adresse:
Helmut-Schmidt-Universität
Lehrstuhl für Politische Ökonomie & Empirische Wirtschaftsforschung
Holstenhofweg 85
22043 Hamburg

Projektstatus
Es wurde mit Hilfe unterschiedlichster Datensätze und für unterschiedliche Länder empirisch untersucht, wie sich klimainduzierte Naturkatastrophen auf Individuen, Unternehmen sowie den Versicherungssektor auswirken.


Zentrale Ergebnisse

Die Projektergebnisse belegen nachdrücklich, dass die Effekte klimainduzierter Naturkatastrophen oft weit über die direkten, durch diese Katastrophen ausgelösten Schäden hinausgehen.

  • Am Beispiel der USA wurde untersucht, wie sich das Risiko des Auftretens von verschiedenen Naturkatastrophen (Hurrikanes, Dürren) auf das individuelle Wohlbefinden potenziell Betroffener auswirkt. Dabei zeigte sich ein stabiler negativer Effekt des Katastrophenrisikos auf die Lebenszufriedenheit.
  • Anhand von Daten aus Vietnam wurde der Einfluss verschiedener Arten von Naturkatastrophen auf interne Migrationsströme untersucht. Dabei ließen sich dauerhafte Migrationseffekte sowohl für Überschwemmungen als auch für Dürren nachweisen, nicht jedoch für tropische Stürme. Allerdings ließ sich für Stürme eine Zunahme temporärer Migration innerhalb Vietnams finden.
  • Im Rahmen einer Unternehmensbefragung konnte nachgewiesen werden, dass deutsche Unternehmen sich in erheblichem Maße von Extremwetterereignissen beeinträchtigt fühlen. Dabei gibt es jedoch deutliche regionale und branchenspezifische Unterschiede in der Betroffenheit.
  • Für den Versicherungssektor scheinen regionale Durchschnittstemperaturen im Sommer in Deutschland das größte Potential für eine wohlfahrtserhöhende Indexversicherung zu haben.
  • Für Südostasien stellte sich heraus, dass eine strengere Regulierung des Versicherungssektors einen signifikant positiven Effekt auf die Versicherungsnachfrage gegen Umweltrisiken hat.
  • Des Weiteren zeigte ein Literaturüberblick zum Thema „Was sind die Determinanten der öffentlichen Zustimmung zu Klimapolitik. Ein Überblick über die empirische Literatur“, dass die Meinung der Öffentlichkeit eher vom Glauben an den Klimawandel sowie der politischen Orientierung abhängt, als von anderen sozio-demografischen Faktoren wie Alter oder Geschlecht.

Das Projekt vereint WissenschaftlerInnen der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, des Ifo Insituts Münschen sowie zahlreiche Wissenschaftler externer Organisationen.

Kernforscherteam

Prof. Dr. Michael Berlemann (HSU): Ökonometrie, Migration

Dr. Silke Bumann (HSU): Ökonometrie, Geodaten, Einstellungen zum Klimawandel

Timur Eckmann, M.Sc. (HSU): Geodaten

Marina Eurich, M.Sc. (HSU): Geodaten, Einstellungen zum Klimawandel

Erik Haustein, M.Sc. (HSU): Migration, Geodaten

Dr. Christian Hott (HSU): Versicherungsökonomik, Wirtschaftstheorie, empirische Wirtschaftsforschung

Dr. Robert Lehmann (Ifo): ifo Konjunkturbefragung, angewandte Ökonometrie

Judith Regner, M.Sc. (HSU): Geografie, Geodaten

Prof. Dr. M. Steinhardt (FU Berlin): Mikroökonometrie, Migration

Xuyen Tran, M.Sc. (HSU): Makroökonometrie, Entwicklungsökonomie

Externe Kooperationspartner

Prof. M. Beine, Ph.D. (Universiät Luxemburg)

Prof. M. Skidmore, Ph.D. (Universität Twente)

Prof. Dr. M. Kalkuhl (Universität Potsdam)

Prof. Dr. T. Kuhlenkasper (FHH Pforzheim)

Berlemann, M. & Eurich, M. (2021), Natural Hazard Risk and Life Satisfaction – Empirical evidence for hurricanes, Ecological Economics, 190, DOI: https://doi.org/10.1016/j.ecolecon.2021.107194.

Berlemann, M. & Eurich, M. (2020), Does drought risk depress expected well-being?, Applied Economics Letters, DOI: https://doi.org/10.1080/13504851.2021.1922582.

Berlemann, M. & Lehmann, R. (2020), Extremwettersensibilität deutscher Unternehmen Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, ifo Schnelldienst,73(8), 45-55.

Berlemann, M. & Tran, T.X. (2020), Climate-related hazards and internal migration. Empirical evidence for rural Vietnam, Economics of Disasters and Climate Change, 4, 385-409.

Bumann, S., What are the determinants of public support for climate policies? A review of the empirical literature, forthcoming in: Review of Economics.

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Letzte Änderung: 15. November 2021