Forschung

„Ziele und Gegenstand des betrieblichen Rechnungswesens“

Unternehmen als sozioökonomische Gebilde bedürfen zu ihrer Steuerung einer Abbildung. Ungeachtet rechtsform-, größen-, branchen- oder standortbedingter Besonderheiten hat das betriebliche Rechnungswesen die Aufgabe, eine quantitative Abbildung des Unternehmens zu leisten, um so die dem menschlichen Wahrnehmungsvermögen nicht unmittelbar zugängliche ökonomische Seite betrieblicher Vorgänge und Zustände fassbar zu machen. Dazu sind die Unternehmenssachverhalte nach bestimmten Modellregeln abzubilden, so dass für interne und/oder externe Adressaten Informationen über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens und Unternehmensverbundes geliefert werden, die diese als Entscheidungsbasis verwenden können. Während das externe Rechnungswesen, dessen Ausgestaltung wesentlich durch das Handels- und Steuerrecht sowie zunehmend durch die International Financial Reporting Standards (IFRS) beeinflusst wird, in erster Linie für nach außen gerichtete Rechenschaftslegung, Ausschüttungsbemessung und/oder Information sowie bzw. oder als Grundlage der Steuerbemessung dient, hat das interne Rechnungswesen vor allem die Aufgabe, Informationen für die Unternehmensführung bereitzustellen, um unternehmerische Entscheidungsbildung und -durchsetzung zu unterstützen, Planung, Steuerung und Kontrolle auf den unterschiedlichen Ebenen des Unternehmens zu gewährleisten sowie Sicherung des Bestandes und Entwicklung der Potentiale des Unternehmens zu ermöglichen. Vor allem angesichts der zunehmenden Internationalisierung von Kapitalmärkten und unternehmerischen Tätigkeiten kommt außerdem der Integration des internen und externen Rechnungswesens zu einem entscheidungsorientierten Subsystem der Unternehmensführung als konvergentes Management-Rechnungswesen stark wachsende Bedeutung zu.

Ein dispositiv nutzbares Rechnungswesen erfüllt also neben der reinen Erfassungs- und Dokumentationsfunktion vor allem Planungs-, Steuerungs-, Kontroll- und Koordinationsaufgaben. Im Idealfall stellt es ein schnell und universell auswertbares Informationssystem dar, in welchem die Informationen aus den einzelnen Teilbereichen eines Unternehmens zusammengefasst, verdichtet und in unterschiedlicher Richtung ausgewertet werden können. Es ist Ausgangspunkt und zentraler Bestandteil eines umfassenden Controllingsystems, mit dessen Hilfe die Führungsteilsysteme koordiniert und die Funktionssicherung des Planungs- und Kontrollsystems sowie des betrieblichen Informationssystems gewährleistet werden. Der EDV kommt dabei die Aufgabe zu, Erfassung und Auswertung der Daten zu unterstützen, Methoden- und Modellbanken vorzuhalten und die Teilkomplexe zu einem System zu verbinden, damit zentrale Sachverhalte, wie z.B. Rentabilität, Liquidität, Erfolgsquellen, Risken oder Finanzstrukturen, unter Beachtung sachlicher, zeitlicher und organisatorischer Interdependenzen geplant, kontrolliert und analysiert werden können. Auf dieser Grundlage kann im Rahmen der Abschlusspolitik unter Beachtung der bestehenden Abbildungsrestriktionen auch die extern orientierte Darstellung des Unternehmens im Jahresabschluss, Lagebericht und sonstigen Berichten zielorientiert ausgestaltet werden, um auf das Verhalten der externen Adressaten Einfluss zu nehmen. Personen, die Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Unternehmen zu treffen haben, müssen sich dieser jahresabschlusspolitischen Maßnahmen sowie der Abbildungsrestriktionen bewusst sein und deren Wirkung im Rahmen einer zweckgerichteten Abschlussanalyse abschätzen können, um eine von ihnen als unverfälscht angesehenen Darstellung der wirtschaftlichen Lage zu erhalten.

Forschungsorientierte Aktivitäten und Kooperationen der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

In diesem Kontext besteht der forschungsorientierte Ansatz der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre in einer Kombination von fundierter Theorie und praktischer Umsetzung. Konkret liegen die aktuellen Forschungsschwerpunkte in den Themen:

• Kommentierung und Einführungsbegleitung der international anerkannten Rechnungslegungskonzeptionen IAS/IFRS und US-GAAP,

• Auswirkungen der Änderungen des Steuer- und Gesellschaftsrechts auf interne und externe Abbildungen des Unternehmens,

• Herausforderungen durch die Veränderung von Rahmenbedingungen auf die Finanzierung,

• EDV-gestützte Systeme zur Erfolgs-, Finanz- und Risikolenkung von Konzernen,

• Implikationen der internationalen Rechnungslegungssysteme auf die Unternehmensführung sowie

• international orientierte Abschlusspolitik und Abschlussanalyse

sowohl bei kleinen und mittelständischen als auch bei global agierenden Unternehmen sowie bei privatwirtschaftlichen Unternehmen als auch bei Non-Profit-Institutionen. Als verbindendes Element der Forschungen sind die Interdependenzen der Abbildungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumente anzusehen, die unter Einbezug informationsökonomischer, behavioristischer und kapitalmarkttheoretischer Ansätze zu einer konvergenten Gesamtlösung des Management-Rechnungswesen auszubauen sind.

Praxisorientierte Aktivitäten und Kooperationen der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Im Verständnis von Betriebswirtschaftslehre als angewandter Wissenschaft ist die Arbeit an der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre des Instituts für betriebswirtschaftliche Steuerlehre nicht nur theoretisch ausgerichtet, sondern bezieht den Brückenschlag zur Wirtschaftspraxis ausdrücklich in das Aktivitätenprogramm mit ein. Konkret findet das seinen Niederschlag vor allem in folgender Form:

• In der universitären Lehre werden auch Veranstaltungen mit ausgeprägtem praktischen Umsetzungsbezug durchgeführt, wie z.B. Seminare zur Unternehmensanalyse oder zu EDV-gestütztem Controlling. Des Weiteren wird das Lehrprogramm im Fach Rechnungswesen durch Vorträge von Praktikern zur Verdeutlichung der betrieblichen Sicht abgerundet.

• In Diplom- und Seminararbeiten werden z.T. Themen bearbeitet, die auf betrieblichen Problemstellungen beruhen und für Theorie und Praxis gleichermaßen fruchtbar sind.

• Überdies unterstützt die Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre über außeruniversitäre Intensivseminar- und Vortragsaktivitäten den Wissenstransfer in die betriebliche Praxis. Themen sind hierbei etwa:

-Kosten- und Leistungsrechnung,

-Finanzierung mittelständischer Unternehmen,

-Kennzahlen für die Geschäftsführung,

-Controlling mit Kennzahlen,

-Bewegungsbezogene Finanzanalyse,

-Risikomanagement in mittelständischen Unternehmen,

-Wertorientierte Analyse,

-Steuerung und Reporting von immaterielle Vermögenswerten,

-Konzernbilanzierung,

-Bilanzpolitik und Bilanzanalyse,

-Rechnungslegung nach IFRS und US-GAAP,

-Grundlagen und Analyse von Jahresabschlüssen nach internationaler Rechnungslegung,

-Betriebswirtschaftliche Grundlagen der betrieblichen Altersversorgung,

-Bilanzierung betrieblicher Altersversorgung und Auswirkungen auf das Rating.

• Außerdem existieren Kooperationen mit verschiedenen Wirtschaftsprüfergesellschaften. Im Rahmen dieser Kooperation werden verschiedene Seminare und Workshops als Theorie-Praxis-Gedankenaustausch gemeinsam durchgeführt. Gegenstand sind aktuelle Problemkomplexe, wie z.B. wertorientierte Unternehmensanalyse, Analyse von Jahresabschlüssen nach IAS/IFRS und US-GAAP oder offene Fragen der internatonalen Rechnungslegung.

• Schließlich finden praxisorientierte Aktivitäten der Professur für Allgemeiner Betriebswirtschaftslehre auch ihren Niederschlag in vielfältiger gutachterlicher Tätigkeit.


HSU

Letzte Änderung: 11. September 2023