PAE-DDR

Elitenzirkulation und zeitliche Dynamiken des Elitenwandels in Autokratien – Prosopographische Analyse politisch-administrativer Eliten der Deutschen Demokratischen Republik (PAE-DDR)

Kurzinfo
Das Forschungsprojekt untersucht Fragen der Elitenzirkulation und des Elitenwandels in Autokratien am Beispiel der politisch-administrativen Eliten (PAE) der DDR mit Hilfe einer prosopographischen Analyse. Es befindet sich an der Schnittstelle der politikwissenschaftlichen und soziologischen Forschung zu politischen Eliten und der verwaltungswissenschaftlichen Forschung zu politisch-administrativen Beziehungen und zu Verwaltungseliten. Insgesamt beinhaltet das Projekt die Untersuchung und Codierung der Lebensläufe einer Grundgesamtheit von ca. 3.250 Leitungspersonen aus Ministerien, ministeriumsähnlichen Organisationen und Organen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) in der DDR zwischen 1949 und 1990.

Über das Projekt
Die prosopographische Analyse soll insbesondere die eng miteinander verflochtenen politisch-administrativen Eliten der staatlichen Behörden und des Parteiapparates der SED untersuchen. Im Projekt werden die Sozial- und Berufsbiographien sowie die politischen Aktivitäten und Systembezüge dieser Personengruppe untersucht. Die Identifikation der Eliten folgt dem Positionsansatz: zur relevanten Personengruppe gehören demnach die drei obersten hierarchischen Ebenen des politischen und administrativen Leitungspersonals aller Ministerien sowie die Parteieliten der SED (Mitglieder und Kandidat:innen des Politbüros und des Zentralkomitees der SED).
Deren Sozial- und Berufsbiographien werden in einem Datensatz mit Hilfe prosopographischer Methoden erfasst. Dabei wird auf ein breites Spektrum an Quellen zurückgegriffen. Als Quellen für die Untersuchung dienen vor allem Personal- und Gerichtsakten im Bundesarchiv sowie Akten der SED und weiterer Massenorganisationen der DDR, öffentlich zugängliche Lebensläufe (z. B. CIA Directories of East German Officials, Lebendiges Museum online, Munzinger online), Zeitungsarchive sowie Handbücher (Wer war wer in der DDR?, Deutsche Kommunisten: Biographisches Handbuch 1918 bis 1945). Die extrahierten Informationen werden für den Datensatz auf Grundlage eines Codebuchs numerisch übersetzt. Für zeit- und systembedingte Unterschiede, z. B. in der Bezeichnung einer Position oder eines Bildungsabschlusses, werden als Basis für systemvergleichende Analysen funktionale Äquivalente definiert. Als Vorarbeit liegt ein Datensatz zu den politisch-administrativen Eliten der BRD, des Nationalsozialismus, der Weimarer Republik und des Kaiserreichs vor. Die dort verwendete Erhebungssystematik wurde für das Projekt zu den PAE-DDR weiterentwickelt.
Das Datenmaterial ist für verschiedene deskriptive und inferenzstatistische Auswertungsverfahren geeignet. Auf Basis derartiger Datenanalysen soll untersucht werden, welche sozialstrukturellen, bildungs- und karrierebezogenen Merkmale für die politisch-administrativen Eliten in der DDR typisch waren und wie sich diese im Laufe der Zeit verändert haben. Zudem können Fragen nach dem Umfang und der Tiefe der Elitenzirkulation in der DDR – sowohl in der Phase der Systemtransformation als auch im Zuge der weiteren Systementwicklung – beantwortet werden. Weiterhin sind systemvergleichende Analysen (u. a. BRD/DDR; DDR/NS) geplant.
Konkrete Fragestellungen, die anhand des Datensatzes und der Datenanalyse beantwortet werden sollen, betreffen z. B. die Politisierung der Verwaltung in der DDR und wie sich diese während des Bestehens der DDR veränderte. Auch die Elitenzirkulation und deren Umfang bietet ein gutes Forschungsfeld, da diese mutmaßlich in den Gründungsjahren der DDR hoch war und während ihres Bestehens verschiedenen internen und externen Faktoren unterworfen war. Weitere Forschungsfragen bieten sich bzgl. der Repräsentativität der DDR-Eliten an. Zu erforschen wäre, ob und inwiefern diese Eliten den Staatsidealen von Klassenlosigkeit, Gleichberechtigung der Geschlechter und Antifaschismus entsprachen.

Das Projekt wird unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Sylvia Veit durchgeführt. Im wissenschaftlichen Projektteam arbeiten außerdem Dr. Anna Simstich und Bernhard Weidenbach. Unterstützt wird das Projektteam durch studentische Mitarbeitende.

Das Forschungsprojekt „Elitenzirkulation und zeitliche Dynamiken des Elitenwandels in Autokratien – Prosopographische Analyse politisch administrativer Eliten der Deutschen Demokratischen Republik (PAE-DDR)“ wird von 2024 bis 2027 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

HSU

Letzte Änderung: 19. Mai 2025